SONNTAG:

Da sitzt man friedlich im Metal Impetus-Freilandbüro, um im Schweiße seines Angesichts die finalen Zeilen in die Tastatur zu hacken und da kommen schon die Nachbarn aus München angekrochen, deren Karre nicht mehr anspringen will, weil sie angeblich “nur 10 Minuten” darin Mucke gehört haben. Als hilfsbereite Bürger haben wir natürlich ein Starthilfekabel an Bord, wissen aber auch nur so halb, wie dieses Manöver zu realisieren ist. Unser eidgenössischer Freund Lars hat dazu nur ein “Tja, ich hab ja kein Auto” zu bieten. Auch nett. Mal sehen, ob wir es noch zu Lifelover schaffen.



Nachdem wir uns sogar noch als Autoschieber versucht haben, beschlossen wir es an diesem Sonntag ruhig angehen zu lassen. Die perfekte Basis dafür boten die Isländer Vök, welche sich irgendwo zwischen den Jezabels, Tycho und der sich beinahe aufzwingenden Björk bewegten und einen mehr als guten Job machten. Verträumte Gitarren, herzerweichendes Saxophon und eben jene Stimme, die man in Island anscheinend zwangsweise bekommt, wenn man sich als nordische Schönheit der Sangeskunst hingibt. Vök erschufen mit diesem Rezept eindrucksvolle Landschaften die sehnsuchtsvoll am inneren Auge vorbeiflogen. Es stimmte einfach alles an diesem Gig und die wechselseitige musikalische Bezugnahme der Vier barg viel Schönheit in sich.

Leaf Left
Leaf Left

Ganz anders sah das bei Leaf Left aus, die nach dem Kredo jeder gegen jeden und alle gegen den Takt zu musizieren schienen. Das mag für Free Jazzer Sinn ergeben, wir entzogen uns der kreischenden Szenerie jedoch lieber. Das war nach Vök einfach nicht auszuhalten. Unsere Fahrkarte in die lukullischen Gefilde der Stadt, welche mit dem Craft Beer Fest und diversen Nahrungslokalitäten alle Pforten offen hielt.

Lifelover
Lifelover

Satt und zufrieden ging es dann noch ein letztes Mal ins Natuurtheater, wo endlich Lifelover ihre bittersüßen Perlen aus zehn Jahren depressiver Schaffenskraft präsentieren sollten. Das klappte zu Beginn des Gigs auch noch sehr gut, nur schien nach kurzem irgendwie der Wurm drin zu sein. Die Jungs waren sich hier und da nicht ganz einig, welcher Song gespielt werden soll und wann welches Riff zuende ist und wo überhaupt man eine Pause setzen sollte. Auch der Bassist musste nach einer geplanten Auszeit gezwungen werden, wieder auf die Bühne zu kommen. Das klingt für Außenstehende womöglich ganz furchtbar, ergab unter dem Gesichtspunkt, dass man es mit Lifelover zu tun hatte, jedoch Sinn. Eine hochklassische Fuck Off-Show. Großes Kino. Ich vermag es mit den Worten von Sänger Kim zu sagen: “See you in ten years, hahaha!”



One more to go - mit einer kleinen Träne im Knopfloch enterten wir noch einmal das Little Devil, wo The Black Heart Rebellion für uns den Abschluss bilden sollten. Der Fünfer hatte eine Menge Klimm-Bimm auf der Bühne, mit dem man lustige Geräusche machen konnte, die in akribischer Zusammenarbeit ein stimmungsvolles Ganzes ergaben, das zeitweise an Wovenhand erinnerte und eine beinahe mystische Atmosphäre bildete. Die Belgier verstehen sich blendend darauf, komplexe Klanggebilde zu erschaffen, die einen unausweichlich in ihren Bann ziehen. Ein würdiges Ende für ein umwerfendes Festival.

Entdeckung des Tages:

Vök

FAZIT:

Was soll man über ein Festival sagen, das so viele Bands und so unterschiedliche Musik umfasst, dass man bereits am Mittwoch kaum noch weiß, was man am Montag gut fand? Es ist ein kaum zu beschreibender Zustand, in dem man sich während dieser Woche in Nord-Brabant befindet. Eine von Vorfreude, Neugier und Verwunderung geprägte Zeit, die durch eine überragende Organisation und perfekte Infrastruktur geprägt ist. Es gibt wohl kaum eine Veranstaltung, die mit über 350 Bands aufwarten kann und dennoch so intim und familiär ist, das man das Gefühl hat, jeden der Gäste, zumindest auf dem Zeltplatz, persönlich zu kennen. Eines der größten Highlights der europäischen Festival-Kultur. See you 2016.