Wenngleich die Griechen nicht mehr im hellsten Licht der Sonne stehen, wissen sie doch immer noch einen kühlen Kopf zu bewahren. Oder eben mit unbändiger Wut zu reagieren. Jenes dann aber stets in fein-sinnige Kunst verpackt. Septicflesh gehören eher zur zweiten Sorte Griechen und „The Great Mass“ ist ein eben solch fein-sinniges Stück Musik, dass vor Groll nur so strotzt!

Folgt man dem Beipackzettel, ist man nicht zwingend voller Vorfreude, ist dort doch die Rede von “orchestral music with Heavy Metal“. Rotiert das gute Stück dann erst einmal im Player, stimmt man ersterem zu, ist sich aber schnell bewusst, dass Heavy hier Death meint und dieser Death ziemlich heavy ist. Dabei macht sich das Studium klassischer Komposition von Saiten-Meister Christos Antoniou auf herrliche Art und Weise bemerkbar. Was es hier gibt, ist Symphonic Death Metal mit Eiern! Sehr melodische Riffs treffen auf schnelle, druckvolle Drums, die erbarmungslos zwischen Double Bass und Snare-Geprügel wechseln, aber auch groovig-untermalende Gangarten spielend beherrschen. Natürlich gibt es hierzu Opern-hafte Klangstrukturen, welche sehr episch und ausladend, aber immer pointiert und angemessen wirken. Sie bilden den ästhetischen Rahmen für die brachiale Wut-Energie, welche Septicflesh in ihren Kompositionen zu Tage fördern. So fühlt man sich teilweise an Behemoth erinnert, auch irgendwie an Vader, nur deutlich feinfühliger und üppiger. Im Grunde etwas wie Eibon La Furies nur weitaus elaborierter und keinesfalls so chaotisch. Die Tatsache, dass hier zweistimmig gearbeitet wird und der Co-Gesang unaufdringlich klar ist, bringt dann auch noch The Vision Bleak ins Spiel. Wobei sich indes die Main-Vocals als Growl-Stimme entpuppen, die irgendwo zwischen Johann Hegg (Amon Amarth) und Illdisposed zu verorten sind. Die beiden Gruppem gehen zwar auch kompositorisch in eine ähnliche Richtung, werden von den Griechen aber zugegebener Maßen locker in die Tasche gesteckt. Wenn vielleicht auch nicht gerade frappierend, klingt „The Great Mass“ wie ein Soundtrack, der stark durchkonzipiert, aber in seiner Vielfalt stets eingängig ist. Jeder weitere Hördurchgang bietet etwas neues zu entdecken und nur langsam erschließt sich einem die unheimliche Komplexität dieser Platte, die wenig Zufälligkeiten, aber eine Menge Liebe zum Detail in sich birgt. Die Stimmungsfarben reichen dabei von melancholisch über schön hin zu anmutig und grazil, ohne dabei die omnipräsente Durchschlagskraft einzubüßen, die ein griechisches Heer ausmacht. Auch wenn die Verwendung orchestral-choraler Klänge kein Neuland ist, schaffen es Septicflesh hier dennoch frisch und eigenständig zu klingen, worüber jegliche Geradlinigkeit natürlich verloren geht. Aber die braucht es auch nicht, wenn man, wie bei „The Undead Keep Dreaming“, nach Brutal Death Passagen, mal ganz locker düstere Gothic Doom-Bretter auf den Latz bekommt.

Septicflesh spielen „S&M“ (Metallica) auf brachialer Death Metal Ebene, ohne ausgelutscht oder sperrig zu wirken. Von dem teils kitschigen Image im Melodic Death ist hier nicht ein Hauch zu spüren. Was es gibt, ist auf die Fresse und das gnadenlose 43 Minuten lang. "The Great Mass" ist der Metal-Soundtrack zu Herakles, Theseus und Achilles: Heroic Death! In diesem Sinne, wenn schon sinfonisch, dann mit Wucht!

Septicflesh · The Great Mass · 2011

Redaktion

verfasst von Winterfreud666
vom 13.07.2011

9 / 10

Playlist

01 - The Vampire From Nazareth
02 - A Great Mass of Death
03 - Pyramid God
04 - Five-Pointed Star
05 - Oceans of Grey
06 - The Undead Keep Dreaming
07 - Rising
08 - Apocalypse
09 - Mad Architect
10 - Therianthropy