Nun, was ist denn da los...? Da legt man eine Promo mit Namen Reverend Kill in das Compact Disc-Abspielgerät, erwartet fiesen Death Metal und dann erklingen Country/Western Klänge á la Johnny Cash. Doch war mir bis dato dessen Pseudonym, geschweige denn seine 2009er Platte „His Blood, Our Victory“ gar nicht geläufig. Zumal er ja leider schon von uns gegangen ist. Aber die journalistische Erfahrung lehrt einen, einfach mehr als zwanzig Sekunden einer Promo zu hören. Gesagt, getan und das Geheimnis lüftet sich. Reverend Kill sind eine kanadische Todestruppe, welche sich selbst als „Groovin‘ Western Canadian Styled Death Metal“-Band bezeichnet. Nun ja, Cash war kein Kanadier, aber groovy auf alle Fälle. Insofern haben die Jungens schon einmal gute Arbeit geleistet. Doch was kommt dann, wie geht es weiter?

Dann kommt der besagte Death Metal und er hat in der Tat nichts von seinem Groove verloren. Die Cowboys sind sehr melodiös und versprühen einen minimalen Touch von Metalcore, aber wahrlich nur sehr marginal, ein Bruchteil eines Metallkerns, doch diesen vermag man heraus zu hören. Reverend Kills Death Metal klingt wie eine Walze, besser ein Stier, ein Über-Stier, welcher Zäune wie Streichhölzer umrennt und die blanke Wut in den Augen trägt. Stampfend und marschierend kämpft dieser sich durch die kanadische Steppe und zeigt kein Erbarmen. Doch das Lied, welches er pfeift, ist ein Gutes, eines voller Harmonie. Zumal dieser sehr begabt mit seiner Laute umzugehen weiß und dem vorsichtigen Hörer das ein oder andere Soli kredenzt. Und wenn man genau hinhört, kann man eine kleine nordische Nuance bemerken, die von den Wikingern Amon Amarth berichtet. Dies trifft wohl vereinzelt auch auf die Riff und Melodie-Strukturen zu, aber vor allem auf die Stimme. Johann Hegg scheint hier deutlichen Einzug erhalten zu haben, denn der kontinuierliche Wechsel zwischen Grunts und Screams spricht eine deutliche Sprache, wenngleich diese in einigen Momenten auch in eine Region von Chris Barnes (Six Feet Under) abdriften. Doch die Gitarren bleiben den Vorgaben treuer und schwingen ihre Lassos druckvoll und rockig durch die Luft, eine gute Mischung aus Macht und Ausgelassenheit. Die Seele der Prärie. Aber leider wird der Western-Einfluss nicht sehr konsequent durchgehalten oder effizient verarbeitet. Sowohl der Opener als auch der Titeltrack versprühen dieses Ambiente des reitenden Death Metallers, doch wirkt es vielmehr wie eine Klammer. Dazwischen lässt die Cowboy-Mentalität etwas nach und ist nur noch rudimentär zu erhören. Es wird sukzessive mehr Melodic Death Metal gespielt, wie man ihn von „The Avenger“ kennt, mit einigen Rock-Nuancen und etwas modernerer Riff-Struktur. Jedoch machen sie es gekonnt und enttäuschen dahingehend nicht. Auch haben sie in „666 Conspiracy“ eine amüsante Ehrerbietung an Iron Maiden versteckt, welche sich nur aus dem Text erschließt, wenn Sänger Graham Harris „666 – the number of the beast“ durch das Mikrophon donnert. Man kann sich gut in die Platte einfühlen und somit über die leicht bröckelnde Erwartungshaltung hinweg sehen. Zumal man von Seiten der Rhythmusgruppe ordentlich Druck bekommt und neben sauberen Double-Bass Brettern auch gefällige Snare-Attacken genießen kann. Insgesamt ein solides Drumming, welches durch schöne Beckenarbeit abgerundet wird und sich gut in die Songs einfügt. Der Stier ist böse und hat eine Menge Energie, doch ist er an sein Steppenleben noch nicht vollends gewöhnt. Kanada ist womöglich noch zu kalt für deftigen Western-Style, aber Reverend Kill sind auf einem sehr guten Weg und die Klimaerwärmung wird ihr übriges zur Wüste beitragen.

„His Blood, Our Victory“ ist ein interessantes Konzept, welches zwar nicht zu 100% aufgeht, aber doch einen Tritt in die richtige Richtung darstellt. Reverend Kill spielen sehr guten, soldiden Death Metal der neben Genre-Größen nicht unbedingt klein erscheint. Wenn sie jetzt noch einen Tick mehr ihre Idee des Western Death Metals herausarbeiten, haben sie es geschafft, dann klingen so nur noch wie Reverend Kill und müssen sich nicht mehr einem Vergleich unterziehen lassen. Ein guter Weg mit viel Potential. In diesem Sinne, packt den Stier bei den Eiern, er braucht Bewegung!

Reverend Kill · His Blood, Our Victory · 2009

Redaktion

verfasst von Winterfreud666
vom 18.01.2010

7 / 10

Playlist

01 - Child Of Frost
02 - Trapped In Amber
03 - A Wire In My Blood
04 - Dichotomy
05 - 666 Conspiracy
06 - Velvet Revolution
07 - The Midas Touch
08 - Frantic
09 - His Blood Our Victory