Was machen Doom-Drummer, wenn ihnen langweilig ist? Essen, ja. Aber auch progressiven Black Metal spielen. Ist doch klar. Man kann ja nicht immer nur die Beine trainieren, wie sieht denn das aus? Cornelius Althammer, seines Zeichens Trommler bei Ahab, steht hier aber nicht im Mittelpunkt, denn Maladie ist das Kind von Tombthroat-Gitarrist Björn Köppler. Der Mann mit dem langen Bart hat sich in den Kopf gesetzt, den Black Metal zu revolutionieren und der eingefahrenen Gemeinde mal zu zeigen, wie dieses Genre eigentlich klingen kann.
Gleich zu Beginn: Was man mit "Plague Within" abliefert, ist harter Tobak und grenzt schon latent an Wahnsinn. Die 16 Jahre brutalen Death Metals haben ihre Spuren bei Herrn Köppler hinterlassen und so ist es klar, dass man hier nicht mit gemütlichem Mid-Tempo Black Metal beschallt wird. Die meiste Zeit ist der Taktgeber der Pequod damit beschäftigt, derbe Blast-Beats zu schruppen und auf mindestens 200 bpm unterwegs zu sein; ohne Rücksicht auf Verluste. Aber reines Geballer ist es nicht allein, was die 'kranken' Jungs im Sinn haben. Gepaart mit extrem depressiven Passagen, die zeitweise an die Schweizer Blutmond und zum Ende des Openers "Animus Fatalis" sogar an Livelover erinnern, positioniert man sich deutlich im melodischen Hochgeschwindigkeits-Black Metal. Der Opener selbst ist sowieso ein wildes, aber dennoch packendes Potpourri aus unterschiedlichsten Black Metal-Zweigen. Zeigt man erst seine Klavierkünste, unternimmt man dann nach kurzer Zeit einen wüsten Angriff a lá Arckanum, der dann übergeht in eher groovige Gefilde, die man von frühen Glorior Belli kennt. Man merkt schnell, simpel sind die Songs von Maladie nicht gestrickt. Eher mit der heißen Nadel progressiver Wut, die durch Austere-eske Screams befeuert wird. Eine Pause gibt es nur in den Interludes "Imperditus", "Morbus" und dem Outro "Transgressus", welche den Hörer noch zusätzlich in die Schaurigkeit von Silent Hill entführen.
Das anschließende 9-Minuten Epos "Yersinia Pestus" lässt auch keine Sekunde los und geht dabei die ganze Zeit mit voller Energie nach vorn. Gespickt mit hintergründigen Clearvocals schafft man dabei einen breiten Klangteppich, welcher durch ein Intermezzo kurz abgebremst wird, um dann mit wuchtigen Takten wieder Geschwindigkeit aufzunehmen. Geradlinigkeit scheinen Maladie zu verabscheuen. Auch "Pes Equinovarus" hält mit seiner spanischen Gitarre eine Besonderheit parat, welche im Zusammenspiel mit der Viersprachigkeit (Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch) auf Textebene doch ein Unikum darstellt.
Generell scheint man sich bei Maladie mehr Gedanken darum zu machen, was und wie man singt, als das anderswo der Fall ist. Reine Platzhalter sind die Lyrics der Rheinland-Pfälzer nicht, denn das Booklet gleicht beinahe einer religiösen Abhandlung. Alles stark pathetisch und intellektuell angehaucht. Die Texte als verkopft zu bezeichnen ist sicher nicht übertrieben, denn selten liest man im Kontext dieses Genres Zeilen wie: "Vergessen in der Unsinnigkeit lichtloser Minne / Geschwunden in der Theorie präkerster [sic!] Lethargie". Ist dies der Anfang einer neuen Welle intellektuellen Hipster Black Metals?
Die Ludwigshafener haben mit "Plague Within" ordentlich aufgefahren und wirklich an nichts gespart. An allen Ecken scheint man sich seine Gedanken gemacht zu haben, wie man noch extremer, noch ausgefeilter und vor allem noch sauberer klingen kann. Mit dem Gänsehaut-Song "1979" trägt man sogar noch dem Viking-Metal Rechnung, ohne dabei albern zu wirken. Trotz aller Wucht und der schieren Masse an Bestandteilen, welche diese Songs ausmachen, ist man immer auf den Schlag da. Kein Riff wird verschleppt, kein Takt kommt zu spät und kein Break ist hier schlampig gespielt. Die deutsche Ingenieurskunst im Musikergeiste. In diesem Sinne, kaufen und ergründen!