Ein neuer Silberling der sieben japanischen Kampfmusiker aus Krefeld steht in den Läden und wartet darauf, begierig von euch gehört zu werden. Die Tracklist lässt einen im ersten Moment erstarren, denn man findet unglaubliche 54 Songs auf der Rückseite. Erwarten einen wirklich endlose Stunden erfüllt von sozialkritschem Grindcore?

Die Fakten vorweg; die Songs haben im Durchschnitt eine rekordverdächtige Länge von 20 Sekunden, wobei die meisten jedoch eher im Bereich von Zehn Sekunden liegen. Nur der fünfundfünfzigste, finale Bonus-Track fällt da aus der Reihe, denn hier darf man sich das gesamte Album in einer Tour nochmals anhören, jedoch ohne Gesang. In der Tat ist das ein schwieriger Hörgenuss, jedoch eine wunderbare Inspirationsquelle, falls einem mal Riffs oder Bridges bei der eigenen Songgestaltung fehlen. Aber nun mal Spaß bei Seite. Die Songs sind JaKa- typisch chaotisch, doch stets zielsicher gestaltet. Blastbeat Orgien korrelieren mit groovigen „Double-Bass“- Parts und werden teils durch hektische Gitarren und teils durch lässige Metal-Riffs in Form gepresst. Kurzzeitig ertönen dann fünfsekündige Grindcore-Rhytmen, welche durch zwei drei schnelle Worte begleitet direkt in die nächste auditive Kurz/-, ach was sag ich, Minimalgeschichte übergehen. Um die Intention der Grind-Wütigen richtig nachvollziehen zu können, sollte man sich jedoch das Booklet zu Gemüte führen. Die Texte richten sich von Haus aus gegen die vorherrschende Gesellschaftsordnung und alltägliche Quälereien und Unsinnigkeiten, welche man effektiv in Grindcore verpackt, um sich den ganzen Ärger mal gepflegt von der Seele zu rotzen. Den Gesang bildet ein Gemisch aus charakteristisch dreckigen Screams und Growls, wie man sie von JaKa gewohnt ist. Trotz der immens kurzen Musikstücke lassen es sich die Jungs nicht nehmen, ihren Hang zu theatralischen Pausen auszuleben. Musikalisch bleibt sich Japanische Kampfhörspiele treu und Fans der Krefelder sollten definitiv ihren Spaß hieran finden.

Eine gute stilsichere Scheibe, welche den Ansprüchen, die man hat, wenn man ein JaKa -Album hört, vollends gerecht wird. Chaotisch, schnell, prägnant und ungemein gekonnt. Äußerst lohnenswerte achtunddreißig Minuten, welche bei ausreichenden Textkenntnissen auch ihren gewissen humoristischen Reiz haben. Ein gelungener Einstieg ins neue bandeigene Label „Unundeux“. In diesem Sinne, der Luxus einminütiger Grindcore-Songs ist hiermit zerstört.

Japanische Kampfhörspiele · Luxusvernichtung · 2009

Redaktion

verfasst von Winterfreud666
vom 08.06.2009

9 / 10

Playlist

01 - Das Duale System
02 - Vorort
03 - Mikrokosmos
04 - Momo
05 - Konfekt
06 - Die Vermarkter
07 - Klavier Seziert
08 - Explosiv
09 - Pogoläden
10 - Beau
11 - Stunden
12 - Metallica
13 - Die Art
14 - Die Opfer, die Täter
15 - Schmerzensgeld
16 - Managerseminar
17 - Guten Appetit
18 - Milchgläserner Bürger
19 - Der Sozialphobiker
20 - Businessclass
21 - Austausch
22 - Rauchen1
23 - Verbraucher
24 - Gewinner
25 - Leben
26 - Guten Tag
27 - Enttieren
28 - Freitag
29 - Misanthropie
30 - Abi
31 - Rauchen2
32 - Überall
33 - Werde doch
34 - Alle müssen weg
35 - Wurstscheiben
36 - Vernetzte Welt geht unter
37 - Achtunddreissig
38 - Sklaven der Uhr
39 - Dyskalkulie
40 - Krise
41 - Sie schreiben draufen
42 - Zerhätschelt
43 - Nicht folgsam
44 - Herrenloser Koffer
45 - Liebe Islamisten
46 - Essen
47 - Talk
48 - Meine spannenden Nachbarn
49 - Vollkommen
50 - Würde
51 - Halsabschneider
52 - Alle Regler auf Anschlag
53 - Das leichte Leben
54 - Alles nochmal auf Anfang
55 - Bonus