Diese Altersteilzeit war nicht von Dauer. Beendete man Anfang des Jahres die Erfolgsgeschichte Japanische Kampfhörspiele, kommt man nun direkt mit einem neuen Grind-Projekt um die Ecke: Fake Idyll. Doch ist dies mehr Zufall als intrige Verkaufsstrategie. Darf man dem Promo-Zettel Glauben schenken, handelt es sich im Ursprung um Herrn Kathers Aprés-Recording-Prügeleien, die Ex-Jack Slater/ Ex-Japanische Kampfhörspiele und Phobiatic-Klampfer Robert Nowak so berauschend fand, dass er ausversehen Songs daraus bastelte. Diese wurden dann quadtrillionen Mal um die Welt gesandt, wobei zufällig die Gesangsspuren von Leonard Leal, seines Zeichens Cephalic Carnage-Sänger, hängen blieben. Und da die Aufnahmen im Bus stattfanden, durfte Kult-Lenker Michael Mödder natürlich auch mal ans Mikro. Da alle weiteren Ausführungen zur Entstehung nur noch verwirrender werden, soll das fürs Erste reichen. Vorsicht, die Platte kann Spuren von Psycroptic, Destruction und Dyscarnate enhalten.

Aber auch von reinrassiger Elektro-Musik! Verwunderlich bei den Vorraussetzungen? Etwas vielleicht, da ich nicht erwähnt habe, dass Kathers Bit-Musik-Projekt Elektrokill natürlich auch mit von der Partie ist. Bekommt man mit dem Opener „THERAPIST (getsallthegirls)“ ein deftiges Brutal/ Death/ Grind-Filet gerichtet, dass den Wortwitz von Ultra Vomit, Excrementory Grindfuckers und Rosamunde Pilcher vereint, dabei musikalisch mal ganz gediegen nach einer Mischung aus Dying Fetus, Ur-Japanische Kampfhörspiele und Panzerchrists „Soul Collector“ klingt, wird die Platte sukzessive elektronischer. Aber auch Ersterer weist gen Ende schon einige Beat-Strukturen auf. „Deadcowpizza“ ist vorerst noch genuin Metal und zwar Brutal Grind vom Feinsten und lässt nur wenige Elektro-Sprenkler durchscheinen: Kurz und knackig! „Schlangenmilch“, textlich mindest ebenso essentiell wie der Pizza-Song, lässt sich da schon eher zu elektronischer Unterstützung hinreißen und bekommt noch etliche Klangteppiche kredenzt: Eine atmosphärische Grind-Sample-Kollage mit gelegentlichen Death-Einspritzern. Das Ergebnis klingt in etwa nach Septicflesh ohne Inhalt und auf aggressivem LSD, was natürlich in einem Akustik-Porno endet. Zur Hörerberuhigung folgt dann ein gut grooviges Intrumental Grind-Brett, das ordentlich nach vorn geht und seine einprägsamen Momente hat. „Supreligious“ erweist sich dann als eine Relativierung der Elektro-Ausflüchte. Druckvoll treibender Melodic Death, mit Patch-Work-Charakter, ohne zu zersetzt zu wirken. Bekommt man im Anschluss noch ein stimmungsvolles Intermezzo und eine dezente Grind-Beat-Mischung, ist spätestens bei „Bekifftindeutschland“ schluss mit dem Metal. Jetzt gibt es Drogen-verherrlichende House/ Downstep-Beats, die mit verzerrtem Gesang überlagert sind und düster-mystisch klingen. „Moho“ greift dann noch einmal das Akustik-Porno-Konzept auf; nur diesmal mit mehr Elektro und den selben drei Frauen, die bereits für „Schlangenmilch“ ihre Stöhnkünste unter Beweis stellten.

Gut, gut. Wer die Platte dann zur Genüge gehört hat, darf sich den 4 Gesangsstücken noch einmal als Karaoke-Version widmen und seine eigene Interpretation aufnehmen. Am besten mit Mutti in der Badewanne, um die Absurdität noch etwas zu steigern. Fake Idyll liefern gute Impulse, versuchen dabei sehr psychotisch zu wirken, tendieren aber zwischenzeitlich leider zur Unhörbarkeit. Zu konzeptionell, zu viele Samples; einfach sehr überladen. Ist der Opener noch als ziemlich perfekter Kompromiss zu genießen, schwenkt das erste Hochgefühl schnell in Anstrengung über. Zur kommenden Sitzung bitte doch etwas mehr Kohärenz, Herr Kather. In diesem Sinne, Sex sellt nicht immer.

Fake Idyll · Therapist · 2011

Redaktion

verfasst von Winterfreud666
vom 19.07.2011

6 / 10

Playlist

01 - Therapist (getsallthegirls)
02 - Deadcowpizza
03 - Schlangenmilch
04 - Urschmerz
05 - Supreligious
06 - Americandaze/ Germannights
07 - Bekifftindeutschland
08 - Moho
09 - Therapist (getsallthegirls) (Karaoke version)
10 - Deadcowpizza (Karaoke version)
11 - Schlangenmilch (Karaoke version)
12 - Supreligious (Karaoke version)