Französischer Metal bekam in jüngster Zeit ja eine gewisse Popularität, die sich aber schnell als recht einseitig herausstellte. Da muss doch noch mehr gehen?! Natürlich geht da noch mehr. Schaut man sich abseits von verschneitem Post Black Metal um, gibt es Interessantes zu entdecken, wenn es darum geht, verschiedene Ansätze miteinander zu verbinden. Nu Metal, Modern Metal, Melodic Death und Deathcore? Kein Problem, Eths müssen sich dafür nicht einmal räuspern.
Auffällig ist ja bereits das Cover der neuen Eths-Platte, die den numeralen Titel "III" trägt und, zugegeben, durch ausgemergelte Barbusigkeit und ein gewisses Dritte-Welt-Feeling besticht. Schön komponiert und kunstvoll zusammengefügt, macht das Plattenbild einen soliden Eindruck und ist auch bei mehrmaligem Hinsehen immer noch ein interessanter Blickfang. Warum ich mich hier ewig über das Cover auslasse? Wie das komplette Album ist auch allein das Cover mehrere Blicke wert und nicht einfach schnell und hastig zusammengewürfelt. Wenngleich es einen bei der Beschreibung schütteln mag, aber Eths sind das, was Korn nach ihrer "Issues" verpasst haben. Wo die Amerikaner sich immer weiter dem Mainstream angenähert haben und folgerichtig erst zum Hip Hop und neuerdings zum Dub Step kippten, gehen die Franzosen, um die stimmgewaltige Sängerin Candice, mit aller Kraft in den Extreme Metal.
Könnte man mit dem Artwork noch erwarten, dass man dezente Soulfly-Tendenzen kredenzt bekommt, hört man bereits mit "Voragine", dass der Vergleich mit Korn gar nicht so weit hergeholt ist. Mit der einen Ausnahme, dass in den Riffs, welche Eths auf "III" anstimmen, unendlich Wucht, Kraft, Innovation und Gefühl steckt. Alles angetrieben von einem krachend-aggressiven Death Metal-Schlagzeug, das vor Groove nur so strotzt und von einer Stimme zwischen Angela Gossow, Wykked Wytch und Sandra Nasic (Guano Apes) vervollständigt wird. Dass dabei einige unheimlich starke Momente entstehen ist fast schon keine Erwähnung wert. Das feminine Stimmvolumen ist schier beeindruckend und passt sich perfekt in die jeweiligen Stilabschnitte ein, ohne dass das Songwriting zu berechenbar oder weich klingen würde.
Selbst kein zu großer Fan weiblichen Gesangs muss ich sagen, dass diese röhrende Schönheit ordentlich was vom Fell zieht, doch stets auch die Stimme für beeindruckende Melodie-Passagen beherrscht. Eine sehr gelungene Nu-Metal/ Melodic Death-Verschmelzung, die zeitweise, vor allem an den klaren Gesangsstellen, sogar an Alcest erinnert, ohne dem Schneemann zu viel Erwähnung schenken zu wollen. Die musikalischen Referenzen lesen sich vielleicht eigenartig, erschließen sich aber schnell: Arch Enemy, Hypocrisy, Korn, Filter, Alcest, Guano Apes und ein Spritzer Deathcore haben allesamt ihre Spuren in dem Quintett hinterlassen. Davon rückt jedoch nichts zu sehr in den Vordergrund, als dass Eths an Eigenständigkeit verlieren würden. Wer Innovation sucht, sollte sich "III" nicht entgehen lassen, denn hier steckt Potential drin. Mit Sicherheit kein Tipp für vltra trve Vndergrovnd Black Metaller. Aber Jeder, der einen Sinn für genreübergreifenden Metal hat, sollte den Marseillern sein Gehör schenken. Mein Tipp: "Sidus".
Gänsehaut-Riffs, stimmungsgeladene Melodien und eine unwahrscheinlich facettenreiche Sängerin, welche von tonalen Grenzen nichts zu wissen scheint. Beeindruckend, mehr kann man eigentlich nicht sagen. Wo sich der amerikanische Nu Metal in den Tod gestoßen hat, reißen ihn die Franzosen mit rettender Hand aus dem Boden. Nu Death Metal par excellence! In diesem Sinne, merci beaucoup Mdm. Candice!