Was hat Bielefeld bisher eigentlich für die deutsche Metal Szene getan? Was hat Bielefeld überhaupt bisher für Deutschland getan? Außer den Witzen über seine Nichtexistenz kann die Stadt zwar immerhin Xandria und Eïs als überregional bekannte Bands vorweisen. Das war's dann aber auch schon. Nicht, dass es keine Anwärter gibt. träumen von aurora zum Beispiel. Ob das junge Post-Rock / Post-Black Sextett mit seinem Debüt über die Stadtgrenzen hinaus bekannt werden kann, wird sich aber erst noch zeigen.
5 Jahre hat die Truppe an ihrem Debüt gearbeitet. Herausgekommen ist dabei ein Konzeptalbum, dass sich mit Trennung und Liebeskummer beschäftigt und thematisch in zwei Teile getrennt ist. Der erste Teil beschäftigt sich dabei mit den Gefühlen kurz vor und nach Trennung, der zweite Teil mit dem Gemütszustand nach etwa einem Jahr.
Bei dem Wort „Konzeptalbum“ klingeln bei mir regelmäßig die Alarmglocken, denn wenn man seine musikalischen Ambitionen in den Dienst eines übergreifenden Konzepts stellt, wirkt das Endprodukt oft erzwungen und wenig dynamisch. träumen von aurora vermögen es leider nicht gänzlich, dieses Spannungsverhältnis aufzulösen. Denn dafür, dass dieses Album als Konzeptalbum zum Thema Trennung und Liebeskummer gedacht ist, wirkt es leider etwas zu verkopft. Wo sind die unsagbare Wut, die absolute Verzweiflung? Wo das Pendeln zwischen Selbstmitleid und Schuldzuweisung? träumen von aurora scheitern ein bisschen an ihren eigenen Ambitionen, wollen zu viel gleichzeitig. Dadurch fehlt es leider trotz vieler guter Ideen letztlich an Spontanität und ehrlichen Emotionen.
Vergleichen lässt sich „sehnsuchts wogen“ vielleicht am ehesten mit den Werken von Fjoergyn, Alcest und vielleicht noch Todtgelichter (im Hinblick auf den Wechsel von klarem Gesang und Geschrei). Leider erreichen träumen von aurora die hohen Qualitätsstandards des Genres nicht. Die klaren Gesänge, die hautpsächlich irgendwo zwischen Flüstern, gehauchtem Sprechgesang anzusiedeln sind, schaden mehr als sie helfen und vermögen nicht so richtig zu ergreifen. Die Riffs sind zu sehr am Standard des Genres orientiert und bleiben wenig eingängig (Ausnahmen: „firn“ und „nie ist alles schon gesagt“). Ab und zu schleichen sich dazu noch kleinere Unsauberkeiten ein (zum Beispiel im Outro von „welknis“)
Es fällt schwer, eine klare Hörempfehlung für träumen von aurora auszusprechen. Das Debüt ist engagiert, kann vor allem im Zwischenspiel von Post Rock Gitarre und Geschrei immer mal wieder überzeugen, wirklich ergreifend wird es aber selten. Aber vielleicht ist das Thema „Liebeskummer“ auch einfach zu individuell, um jeden in musikalischer Form anzusprechen. Hat zum Beispiel „nie ist alles schon gesagt“ eins der besten Riffs des ganzen Albums, so bleibt mir persönlich der lyrische Zugang dazu versperrt. Irgendwann ist bei einer Trennung eben doch jedes Wort gesagt.