Melodic Death Metal liegt am Boden. So drastisch das klingt, bezogen auf die letzten Monate und Jahre kann man zu keinem anderen Schluss kommen. Die Newcomer haben entweder keine Inspiration, es wird schamlos geklaut, oder man versteckt sich in hinter Synthesizern und klaren Gesängen, weil die Gitarren ihre Aufgabe nicht erfüllen können. Es ist schon bezeichnend, wenn man die Alben von Bands wie A Canorous Quintet oder Ablaze My Sorrow hervorkramt, die nie den Durchbruch geschafft haben, weil es deutlich bessere Bands gab. Würden sie heute ihre Alben veröffentlichen, wären sie wahrscheinlich absolute Genre-Könige. Soviel zur aktuellen Melodic Death Szene...

Aber es gab auch Lichtblicke. Zum Beispiel in Form der finnischen Schlaflosen von Insomnium, die mit ihrem dritten Werk „Above The Weeping World“ einiges an Aufmerksamkeit generieren konnten. Hier war plötzlich eine junge Band die zwar auch die heiligen drei Könige des Melodic Death Metals (At The Gates, In Flames, Dark Tranquillity) als Vorbilder hatte, jedoch genug Eigenständigkeit und Mut mitbrachte, um eine Bereicherung des Genres darzustellen und nicht nur eine weitere Kopie abzuliefern. Das lag vor allem daran, dass die Finnen einen eigenen musikalischen Ansatz und eine Extraportion Melancholie mitbrachten, was dafür sorgte, dass „Above The Weeping World“ auch heute noch ab und an in meiner Anlage rotiert.

Leider ist schon nach wenigen Durchläufen absehbar, dass Across The Dark“ da nicht mithalten kann. Das Keyboard hat deutlich mehr Raum zum Entfalten bekommen und es lassen sich auch einige klare Gesänge finden. Während ich diesen Einsatz bei dem längsten Stück der Platte „The Lay Of Autumn“ nachvollziehbar und stimmungsvoll eingesetzt finde, geht mir der Refrain bei „Where The Last Wave Broke“ doch sehr schnell auf die Nerven. Als Ergänzung zu den Growls sind die klaren Gesänge einfach nur überflüssig und wirken wie eine Kapitulation von der aktuellen Entwicklung in der Szene. Das neue Material ist auch deutlich langsamer gehalten als die Vorgänger. Nur „Into The Woods“ und „Against The Stream“ bieten längere Uptempo-Elemente, oft versinken die Stücke aber in längere Midtempo-Passagen, die sich meiner Meinung nach häufig ähneln und nicht immer den gewünschten Effekt erzielen.

Nicht, dass man mich falsch versteht; ich wusste, was ich von den Finnen zu erwarten habe und hatte mich sehr auf frischen finnischen Melodic Death Metal gefreut, der nicht die Brutalität und Aggressivität in den Vordergrund stellt, sondern auch ruhige und melancholische Momente zelebriert. Allerdings gelingt das auf diesem Album nur in wenigen Momenten. Die Idee hinter den Veränderungen ist nachvollziehbar: Man wollte mit den klaren Gesängen einen Kontrast zu dem gleichförmigen Growls von Sänger Niilo Sevänen setzen und damit in Verbindung mit den langsamen und von Keyboardteppichen unterlegten Elementen die Melancholie und die Intensität erhöhen. Leider erkennt man sehr schnell, dass hinter diesem Trick sehr viel Berechnung steckt,was die Lieder ziemlich vorhersehbar macht. Der einzige Song der Platte, der sich nicht zieht, ist paradoxerweise das längste Stück „The Lay Of Autumn“. Die Riffs haben mehr Platz zum Entfalten und hier wirken auch die Wechsel von langsamen zu schnellen Kompositionen. In den übrigen Lieder bedauere ich fast immer, wenn sich ein schnelles Riff auflöst und Platz machen muss für ein schleppende Passagen die ich so schon in den drei Liedern davor gehört habe.

Insomnium's „Across The Dark“ ist trotzdem eine der besten Melodic Death Scheibe des Jahres. Leider sagt das mehr über Melodic Death Metal, als über Insomnium.

Insomnium · Across The Dark · 2009

Redaktion

verfasst von Furfighter
vom 18.08.2009

7 / 10

Playlist

01 - Equivalence
02 - Down With The Sun
03 - Where The Last Wave Broke
04 - The Harrowing Years
05 - Against The Stream
06 - Lay Of The Autumn
07 - Into The Woods
08 - Weighed Down With Sorrow