Karl Sanders dürfte den meisten namentlich nur als Mastermind von Nile bekannt sein, mit denen man brutal-schnellen, orientalisch beeinflussten Death Metal verbindet, in dem ab und zu atmosphärische Elemente in Form von Samples oder exotisch anmutenden Instrumenten aufscheinen. Aber eben nur ab und zu. Und das reichte Karl Sanders nicht, um seine Vorliebe für die von ägyptisch beeinflusster Musik und Mythologie durchdrungene Seite bei Nile auszuleben. Also brachte er bereits 2004 den Langspieler "Saurian Meditations" heraus, auf dem es dann auch fast nichts Metal-Lastiges zu hören gab. Lediglich das ein oder andere clean eingespielte Gitarrensolo, das der atmosphärischen Untermalung dienen sollte.
Solcherlei Spielereien lässt Karl Sanders nun - zum Glück - gänzlich aus der Musik von "Saurian Exorcism" heraus. Man merkt dem Album von vorn bis hinten an, dass es sich nicht - wie noch der Vorgänger - aus größtenteils über Jahre angesammeltem Material zusammensetzt. Es wirkt wie aus einem Guss, wie eine hörspielartige Reise entlang der Pyramiden und Tempel des Landes am Nil.
Dass die beiden Alben konzeptionell miteinander verbunden sind, ist den Titeln zu entnehmen. Waren dementsprechend auf "Saurian Meditations" zumeist eher ruhigere Songs zu vernehmen, so könnte man auf "Saurian Exorcism" höchstens noch "Contemplate This On The Tree Of Woe" in diese Reihe stellen. Die anderen Tracks erinnern eher an rituelle Zeremoniegesänge, wie es denn Titel wie "A Most Effective Exorcism Against Azagthoth And His Emissaries" auch nahelegen. Hier gibt es schamanistisch anmutende Percussions, dunkle Chöre und viel atmosphärisches Sample-Beiwerk. Auch "Impalement And Cruxifiction Of The Last Remants Of The Pre Human Serpent Volk" ist mit schweren Trommelrhythmen und Hörnern unterlegt, geradezu unheimlich und beschwörend. Zusammengenommen sind die Tracks nun endgültig zu solcher Reife gelangt, dass man ohne weiteres die Augen schließen und den schweißgebadeten Sklaven beim Bau der mächtigen Pyramiden zuschauen oder einem geheimen Exorzismus beiwohnen kann. Im Abschlusstrack "Dying Embers Of The Aga Mass SSSratu" spürt man förmlich die letzten Sonnenstrahlen des Tages, wenn Amun-Re ein weiteres mal rot-glühend ins ewige Meer aus Sand hinabsteigt, um die Unterwelt ein weiteres Mal zu durchfahren. Unglaublich, diese Dichte!
Da mag Karl Sanders ruhig zu den besten 20 Death-Metal-Gitarrenspielern aller Zeiten gezählt werden. Aber hier zeigt er ganz andere Facetten, wenn er Instrumente wie die Baglama Saz oder die Glissentar spielt, selber Hand an die Percussions legt. Das zeigt seine Vielseitigkeit und Genialität, mithin auch sein Einfühlungsvermögen für die Kultur und Geschichte Ägyptens - ohne selbst jemals dort gewesen zu sein!
Wer also schon immer einmal von Niles ruhiger Seite in materialisierter Form geträumt hat, der dürfte spätestens beim Kauf von "Saurian Exorcisms" nichts mehr falsch machen. Ein ganz und gar unmetallisches Meisterwerk von einem der Meister des Death Metals. Respekt!