Die Zeiten, in denen ich den ganzen Tag Dissections „Storm Of The Light’s Bane“ hoch und runter hörte oder Agathodaimon und Dimmu Borgir meine ständigen Reverenzen erwies, mögen zwar der Vergangenheit angehören, aber gegen das ein oder andere gelungene Black Metal Album verwehre ich mich nach wie vor nicht. Mit dieser unstrammen Haltung gelte ich wahrscheinlich sofort nicht mehr als trve, aber was soll’s. Immerhin habe ich so eine Ausrede, weswegen die letztjährige Demo-Veröffentlichung der Schwarzmetaller Der Weg einer Freiheit ungehört an mir vorüberging. Erst in diesen Tagen, in denen das Re-Release des bandbetitelten Opus „Der Weg einer Freiheit“ über Viva Hate Records erscheint, leuchtet mir auf, was für ein Kleinod mir da durch die Lappen ging.
Dabei scheint es ein schieres Wunder, dass dieses Debüt derart gelungen ist. Immerhin wurde die Demo von Instrumentalist Nikita Kamprad und Sänger Tobias Jaschinsky geschrieben und eingespielt, deren Hauptband Fuck Your Shadow From Behind sich dem Metalcore(!) verschreibt. Wahrscheinlich haben sich die beiden in einer Bandprobenpause bei einem Bierchen und einer Fluppe gedacht: „Hey, lass uns mal was anderes machen. Emo? Deathcore? Ach nö, wie wär’s mit Black Metal?!“ Antwort: „Na klar. Kein Problem!“
Und so ist es denn gar atemberaubend, mit welcher Frische und Energie sie ihr größtenteils sehr melodisches und in Richtung Schweden zielendes Schwarzmetall schmieden. Dabei werden die epischen, doppelläufigen Gitarrenwände nunmehr nicht mehr vom – zugegebenermaßen genial programmierten – Drumcomputer begleitet, sondern von Christian Bass, seines Zeichens Trommler bei den ach so schwarzmetallischen Heaven Shall Burn. Hier scheint sich die Metalcore-Elite zusammengefunden zu haben, um etwas extrem unheilig Schwarzes zustande zu bringen.
Frei von jeglichen klischeehaften Zwängen des Genres zelebrieren die Jungs ihren Black Metal: zumeist treibend und groovend, dann auch wieder malerisch und trügerisch ruhig, bis der nächste Kraftausbruch sich Bahn bricht. Um ehrlich zu sein, habe ich seit Nagelfars Auflösung auf einen solchen würdigen Nachfolger gewartet. Denn mit deren „Hünengrab im Herbst“ würde ich „Der Weg einer Freiheit“ am ehesten stilistisch vergleichen. Der Weg einer Freiheit bieten knapp 50 Minuten intelligenten und anspruchsvollen, aber keineswegs avantgardistischen Black Metal. Mit Höhepunkten wie dem Opethsken Melodiebogen am Ende von „Aurora“, der wunderbar eingebetteten Abschlussrede Charles Chaplins aus „Der große Diktator“ im Track „Neubeginn“ oder die in Melodie gegossenen Gefühlswechsel in „Welk“ kann jeder der Songs aufwarten.
Der Ideenreichtum scheint in dieser Hinsicht unerschöpflich zu sein, was einige Bands des nicht gerade für Humor bekannten Genres vor Neid noch mehr zum Verblassen bringen dürfte, als es ihr Corpsepainting auch nur im Ansatz zulässt. Und dann noch diese spielerisch leicht wirkenden Übergänge zwischen den Passagen, die mich von einer Verzückung in die nächste treiben! Der Weg einer Freiheit spielen so routiniert auf, als hätten sie Dekaden von Spielerfahrung im Black Metal im Rücken und nie etwas anderes gemacht. Wahrlich beeindruckend.
Auch der Bonus-Track „Ruhe“ dieses Re-Releases reiht sich nahtlos in die Setlist ein und unterstreicht die Qualitäten und die Zukunftsträchtigkeit der Kombo. Was Besseres hat der deutsche Black Metal derzeit kaum zu bieten. Und wer hier nicht schnellstens zugreift, ist selbst Schuld!