Abrupte Tempi-, Stimmungs-, Melodie- oder gar Genrewechsel gingen Between The Buried And Me ja schon immer leicht von der Hand. Das haben sie auf "Colors" dann zu einer kaum zu überbietenden Hochkultur getrieben, verfeinert und perfekt gewürzt. So zu sagen das Destillat eines bis dahin eh schon gut funktionierenden Rezepts. Wie immer stellt sich nach einem perfekten Album die Frage, was man daran noch besser machen könnte.

Und eine Antwort haben uns die US-Amerikaner nicht wirklich gegeben. Aber gezeigt, wie man es fast(!) genauso gut machen kann. Auf ein sehr ruhiges Intro "Mirrors" folgt ein dazugehöriger zweiter Teil, "Obfuscation". Der hat es wahrlich in sich und vereint alle Trademarks von Between The Buried And Me: wildes Geholze, grandiose Melodien mit viel Drive, unerwartete Zwischenteile mit groovigem Bass und dem ein oder anderen freaky Gitarrensolo. Da zeigen die Jungs gleich, dass sie nichts verlernt haben und es ihnen an neuen Ideen nicht mangelt.

"Disease, Injury, Madness" steigt hart ein, wartet dann nach zwei Minuten mit einem wunderschönen sphärischen Part auf, in dem Tommy Rogers seine großartige Stimme im "cleanen Modus" einsetzt. Da steht er einem Genie wie Mikael Åckerfeldt in nichts nach. Einen richtig rockigen Teil hat "Disease, Injury, Madness" ebenfalls zu bieten, mit schöner Hammond-Orgel und rockigen Gitarrensoli. Ab Minute acht dann wieder ein ruhiger Teil, in dem Dan Briggs sich so richtig auf seinem Bass austoben kann. Wow!

Mit einer krassen Zirkusclown-Melodie beginnt "Fossil Genera - A Feed From Cloud Mountain", das in einen leicht angejazzten Teil und wieder zurückblendet. Leicht disharmonisch, schleppend und im ersten Moment verstörend. Dann ein mächtiges Aufbäumen, Growls und Gitarrenwände. Mächtig! Und da hat der geneigte Hörer gerade mal drei der zwölf Minuten des Stücks absolviert. Auch hier wird die Laut-leise-Dynamik mit einem ruhigen Akustik-Gitarren-Teil auf die Spitze getrieben. Vielleicht ein bisschen gewollt, möchte man meinen. Aber dennoch gut umgesetzt, da es in ein grandioses Ende überleitet.

Country-Stimmung kommt dann bei "Desert Of Song" auf. Allerdings nicht diese hippelige Art von Banjo-Stimmung, eher eine ernste und konzentrierte, fast schon nachdenkliche Stimmung. Ein schönes Zwischenstück, das gut im Ohr hängenbleibt und bei dem Paul Waggoner auch sein Stimmtalent unter Beweis stellen darf.

"Swim To The Moon"? Hört sich bekloppt an? Ist auch noch 18 Minuten lang? Tja, das dürfte dann wohl der Song des Albums sein, am dem sich die Geister scheiden. Die einen werden ihn als Krönung des bisherigen Weges von Between The Buried And Me ansehen. Andere werden sagen, dass die Jungs es damit schlicht ein wenig übertrieben haben. Zu unübersichtlich, zu bunte Stilmischung, zu abgefahrene Sound-Elemente, zu viele Brüche... Ich schwanke auch nach x-maligem Hören noch zwischen der einen und der anderen Meinung. Leicht machen sie es einem jedenfalls nicht.

9 Punkte bekommt "The Great Misdirect" von mir einfach nur, weil es schon "Colors" gibt. Im Vergleich zu anderen Progressive Death Metal Bands bekäme "The Great Misdirect" allemal die glatte 10. Für Fans der Band ein absolutes Muss! Alle anderen sollten einmal – um es aber ansatzweise verstehen zu können lieber zehnmal – reinhören. Manchmal muss man sich Musikgenuss eben erarbeiten.

Between The Buried And Me · The Great Misdirect · 2009

Redaktion

verfasst von ewonwrath
vom 08.12.2009

9 / 10

Playlist

01 - Mirrors
02 - Obfuscation
03 - Disease, Injury, Madness
04 - Fossil Genera - A Feed From Cloud Mountain
05 - Desert Of Song
06 - Swim To The Moon