Was aus franko-kanadischen Landen kommt, hat Hand und Fuß. Das beweisen Bands wie Neuraxis, Cryptopsy, Quo Vadis und nicht zuletzt auch Kataklysm. Da ist man geneigt, der vollmundigen Ankündigung des Labels Metal Blade Records zum Erstling "Disciples Of The Unseen" von Aeternam blind zu glauben: "Combining classic death metal songwriting with epic melodic soloing and middle-eastern influences, Aeternam has fine-tuned its craft and made it into a perfect blend of brutality and melody".

Und so wie die fünf Mannen aus Quebec City nach dem Intro loslegen, horcht man positiv auf. Denn die ersten Takte erinnern an episch-symphonische Klänge, die man von den Polen Behemoth kennt. Hochgeschwindigkeits-Blastbeats, gepaart mit Achraf Loudiys Gesang, der stark an Nergals Röhre erinnert, ein gutes Solo in orientalischer Harmonie – und fertig ist "Angel Horned". Doch eines kann man schon zu diesem frühen Zeitpunkt feststellen: Wenn es hart auf hart kommt, bevorzugen die Franko-Kanadier im Songwriting nicht die Brutalität, sondern eher ausgedehnte und arg eingängige Melodien.

Das scheint "Esoteric Formulae" zu bestätigen, das eher im Midtempo gehalten ist, auch cleane Gesangspassagen aufweist und von seinem äußerst progressiven Aufbau her an Into Eternity erinnert. Aufgrund der zurückgeschraubten Geschwindigkeit gleitet der Song stellenweise fast in melodischen Kitsch ab. Aber nur fast.

Auch vor folkloristischen Einlagen, wie zu Beginn von "The Coronation Of Seth" oder im Zwischenstück "Iteru", schrecken Aeternam nicht zurück. Klingt arg von Nile abgeschaut, ist aber nicht schlecht gemacht. Leider wird "The Coronation Of Seth" in der Folge von New Metal-Anleihen – gemischt mit zu viel Power Metal-Gesang – versaut. Kann daran liegen, dass Nile für mich zuerst und schon viel länger ihre Zelte im Schatten der Pyramiden aufgeschlagen haben, aber das driftet dann für mich in Richtung Metal-Oper ab und ist nicht mehr ernst zu nehmen. Schade, schade!

Den Songs auf "Disciples Of The Unseen" liegen wirklich gute Ideen zu Grunde, doch so richtig wissen die Jungs noch nicht, in welche Richtung sie gehen wollen. Das Songwriting ist noch zu inhomogen und unausgereift. Und Ausnahmestücke wie "Hamunaptra" oder "Through The Eyes Of Ea" können darüber ebenso wenig hinwegtäuschen wie die gelungene Produktion des Albums, für die sich JeF Fortin (Neuraxis, The Last Felony) verantwortlich zeichnet.

Zudem sollten Aeternam in Zukunft noch die Schulbank bei Orphaned Land, Nile oder Melechesh drücken, um ausgefeiltere orientalische Harmonien hinzubekommen, wenn sie das denn schon als Markenzeichen ausschreiben. Oft klingt das ein wenig nach 08/15 und pseudo-exotisch, wodurch es wiederum ins Klischeehafte abgleitet. Zu diesem Eindruck tragen dann doch stellenweise ungünstig gewählte und drittklassig wirkende Keyboard-Klänge bei (z.B. etliche Background-Chorale oder die Flöten in "Iteru"). Vielleicht nimmt Metal Blade Records beim nächsten Mal noch ein Tick mehr Geld in die Hände und verhilft den Franko-Kanadiern durch mehr Original-Instrumentierung zu mehr Authentizität. Vielleicht rufen sie aber auch einfach mal bei Loreena McKennitt an... die könnte kompetente Hilfe aus nächster Nähe anbieten.

Aeternam · Disciples Of The Unseen · 2010

Redaktion

verfasst von ewonwrath
vom 28.03.2010

6 / 10

Playlist

01 - Ars Almadel
02 - Angel Horned
03 - Esoteric Formulae
04 - The Coronation Of Seth
05 - Hamunaptra
06 - Iteru
07 - Goddess Of Masr
08 - Ouroboros
09 - Circle In Flames
10 - Through The Eyes Of Ea