Es ist eher selten, dass man den Stilbruch einer Band an einem ganz bestimmten Zeitpunkt festmachen kann. Nun, Trivium ist so eine Band. Es ist auch selten, dass man den Einfluss eines Labels auf den Stil einer Musikgruppe deutlich erkennen kann. Nun, Trivium ist so eine Band. Und allgemein gesprochen, ist Trivium nun einmal SO EINE Band. Den Begriff Retorten-Band finden einige vielleicht unangebracht, denn Trivum haben sich während ihrer High-School-Zeit in Florida weitgehend selbstständig formiert. Seitdem die Amerikaner allerdings den Nachwuchscontest von Nuclear Blast gewonnen und sich gegen 1500 Mitbewerber durchgesetzt haben, tun sie wirklich alles, um diesem Terminus gerecht zu werden.

Die Entwicklung vom Debut-Album „Ember to Inferno“ zu „Ascendancy“ war eindeutig: Die Band wollte neue Akzente setzen, aber dennoch „publikumsfreundlicher“ werden - also massentauglich. Dennoch möchte ich hier für Trivium eine Lanze brechen, wenn ich sage, dass ihr zweites Album metalcoremäßig mindestens genauso gut war wie „Ember to Inferno“ und es soll angefügt sein, dass Sarkasmus hier keinerlei Verwendung findet. Die beiden Alben waren wirklich gut: originelle Riffs, bandeigene Screams und Growls – an Ideen schien es den Jungs nicht gefehlt zu haben.

Aber anscheinend haben sie alle Einfälle für diese beiden Alben aufgebraucht, denn mit „The Crusade“ kam der absolute Stilbruch. Für Leute, die hier ein Metalcore- oder Metalalbum erwartet haben, war die Veröffentlichung der Scheibe eine absolute Enttäuschung. Metallica-Fans mögen sich dagegen gefreut haben, denn Matt Heafy klang in fast jedem Lied so wie James Hetfield. Ergo hatten wir auf der einen Seite die enttäuschten Triviumfans und auf der anderen Seite die Metallicafans, die die Platte entweder mochten oder darin ein plumpes Plagiat sahen.

Bevor wir also zur endgültigen Einschätzung des Albums kommen, stellt sich die Frage, warum nun der krasse Stilbruch? Matt Heafy antwortet darauf:

„Sollte sich jemand wundern, warum wir das Screaming aufgegeben haben, dann liegt das daran, dass wir vier die derzeitigen Screamo-Bands nicht mögen und wir uns deshalb die Frage gestellt haben, warum wir selbst es dann tun. Zu dieser Zeit wollte ich ein besserer Sänger werden, denn das war, was wir wollten. Deshalb haben wir das Screaming gelassen und uns mehr auf das Gesangstraining konzentriert.“

Eine entlarvende Aussage, wenn man sich die Ankündigungen für das neueste Album „Shogun“ zu Gemüte führt: Das Screaming kommt zurück, womit der Move, der mit dem letzten Album gemacht wurde, praktisch terminiert wird. Diese Vorgehensweise legt nahe, dass der Stilbruch bei „The Crusade“ nur aus rein kommerziellen Motiven erfolgte. Hauptsache zwei Videos auf MTV platzieren – ein anderes Motto kann kaum infrage kommen.

Dennoch werden sowohl Trivium- als auch Metallicafans ihren Gefallen an dem Album finden, wenn auch erstere wohl einer längeren Eingewöhnungszeit bedürfen werden. Alles in allem ist das Album gut, aber es ist nicht Trivium. Man kann es einem Fan der Band wohl empfehlen, aber nur mit der Warnung, dass er nicht das bekommen wird, was er nach den ersten beiden Alben erwarten wird.

Trivium · The Crusade · 2006

Redaktion

verfasst von BloodyFox
vom 23.01.2009

7 / 10

Playlist

01 - Ignition
02 - Detonation
03 - Entrance of the Conflagration
04 - Anthem (We Are the Fire)
05 - Unrepentant
06 - And Sadness Will Sear
07 - Becoming the Dragon
08 - To the Rats
09 - This World Can't Tear Us Apart
10 - Tread the Floods
11 - Contempt Breeds Contamination
12 - The Rising
13 - The Crusade