Ja, Children of Bodom sind streitbar. Ich bin der Meinung, dieser Satz erfasst die Debatte, die sich um die Band seit jeher dreht, ganz gut. Man kann von den Finnen als Menschen ja viel halten oder in dem Sinne auch wenig, aber musikalisch muss man ihnen zugestehen, dass sie ihr Ding stetig durchziehen. Aber mittlerweile ist auch schon mehr als ein Jahrzehnt seit der Veröffentlichung ihres Debütalbums „Something Wild“ vergangen und man merkt der Musik der Finnen an, dass diese Zeit ihre Spuren im Stil der Band hinterlassen hat. Das nennt man Weiterentwicklung.

Während ich Weiterentwicklung generell begrüße, ist es dennoch ein Begriff, den man manchmal am liebsten mit der Kneifzange anfassen würde. In Flames sind da ein prominentes Beispiel für die so genannte „Weiterentwicklung“, die nach hinten losgehen kann. Glücklicherweise stellt Children of Bodoms „Are You Dead Yet?“ kein Negativbeispiel dar, sondern ist eine konsequente Weiterentwicklung des Stils der Metaller. Während bei „Follow the Reaper“ die Synthesizer beim Aufbau der Riffs noch sprichwörtlich ihr eigenes Ding drehten, sah das beim Nachfolgeralbum „Hatecrew Deathroll“ schon ganz anders aus. Ich möchte mich jetzt bitte nicht falsch verstanden sehen. Die Synthesizereffekte sind heute noch genauso präsent wie damals, nur sind sie mittlerweile viel klüger eingearbeitet und stehen nicht so halbverwaist im Raum. Sie werden heute von den Death Metallern vor allem dazu genutzt, um ein gewisses Grundthema in ihren Riffs zu etablieren, ohne dass man, wenn man nicht gerade ganz genau hinhört, die intelligent eingesetzten Sounds sofort heraushört.

Das einzige Lied, bei dem es sofort auffällt ist der Opener „Living Dead Beat“, der die Fans praktisch daran erinnern soll, dass die Synthesizer in ihrer alten Verwendung auch noch da sind – eigentlich eine nette Idee, die Mumie, die den Fans in ihrer alten Form ja auch gefallen hat, noch einmal aus dem Keller zu holen. Sehr gut weiter geht es direkt mit dem titelgebenden Track „Are You Dead Yet?“, der schon allein instrumental eine Geschichte erzählt – erst der tobende Aufschrei eines Wahnsinnigen als vorgezogener Höhepunkt, dann wird die ganze Sache wieder etwas heruntergefahren, nur um direkt danach durch den Bass erneut Spannung aufzubauen und im Refrain schließlich musikalisch so richtig abzurechnen. Das liest sich nicht nur gut, sondern hört sich auch spitze an.

Ähnlich geht es dann auch im Folgesong weiter. Eine schöne Abwechslung bietet dann wieder „Punch Me I Bleed“, das sich thematisch sehr gut in das vom ersten Drittel angefangene Konzept einfügt. Allerdings wird uns hier von den Finnen mal eine andere Geschwindigkeit serviert. So wirkt der Song eher schleppend und schwer und die Stimmung, die dadurch vermittelt wird, unterstützt das bisherige Leitmotiv des Albums sehr gut. Im nächsten Track wird’s dann wieder angenehm schnell und eine schöne Drum- und Bassaction bilden hier den Opener für den Song, dem sich dann auch noch der Synthesizer anschließt. Dieses Grundthema zieht sich durch den ganzen Track und wird schließlich von „Next in Line“ abgelöst, einem Song, der persönlich zu meinen Favorits auf dem Album gehört, allein wegen seines eingängigen und reißerisch schnellen Gitarrenriffs, von dem man bis zum Ende hin genug geboten bekommt.

Die Überleitung zum letzten Drittel des Albums gelingt mit „Bastards of Bodom“ extrem gut, da es von der Geschwindigkeit seinem Vorgängersong sehr ähnlich ist, die hier teilweise stark eingesetzten Synthesizer aber eine beinahe leichtfüßige Stimmung vermitteln, frei nach dem Motto: Der Sensenmann hat Spaß bei der Arbeit. „Trashed, Lost & Strungout“ vermittelt in Opener und Stimmung, dass es bereits Fünf vor Zwölf ist und sich ein klasse Album dem Ende nähert, aber nicht, ohne noch einmal kräftig auf den Putz zu hauen. Hier spielen sich Synthesizer und E-Gitarre richtig geil die Bälle zu, mit einem Alexi Laiho, der quasi als Spielmacher auch noch in dem sexy Dreier mitmischt. Kein Wunder also, dass dieser Song als Single ausgekoppelt wurde. Mit „We’re Not Gonna Fall“ wird uns dann noch ein Abschluss präsentiert, bei dem die Sensenmänner ganz bewusst etwas von der Geschwindigkeit herausnehmen, ohne dass dabei die Eingängigkeit der vorherigen Tracks verloren gehen würde. Vielmehr ist man an diesem Punkt so zufrieden mit den Finnen, dass man sich veranlasst fühlt das „HEY!“ jedes Mal mitzugröhlen. Ein grandioser Abschluss für ein grandioses Album.

Um meine einleitenden Worte nochmals aufzugreifen: Die Band ist streitbar. Aber ich bin der Meinung, dass dem geneigten Fan mit diesem Album ein liebevoll gemachtes Stück Musik präsentiert wird, bei dem es keine Ecken und Kanten gibt. „Are You Dead Yet?“ klingt von vorne bis hinten rund und die Tracks sind untereinander so klug verbunden, dass man die Arbeit, die darin steckt, nur erahnen kann. Alles in allem ist das Album anders als die anderen. Allerdings ist das Gütesiegel „Children of Bodom“ sofort herauszuhören. Die Jungs haben sich weiterentwickelt und sind sich treu geblieben. Und wo findet man das heute schon noch in der Branche?

Children of Bodom · Are You Dead Yet? · 2005

Redaktion

verfasst von BloodyFox
vom 23.01.2009

8 / 10

Playlist

01 - Living Dead Beat
02 - Are You Dead Yet?
03 - If You Want Peace… Prepare for War
04 - Punch Me I Bleed
05 - In Your Face
06 - Next in Line
07 - Bastards of Bodom
08 - Trashed, Lost & Strungout
09 - We're Not Gonna Fall