“I don’t like Mondays” soll die 16-jährige Brenda Ann Spencer bei ihrer Verhaftung gesagt haben, nachdem sie 2 Menschen erschossen und 8 verletzt hatte: “This livens up the day”. Nun, das hätte sie auch einfacher haben können. Denn heutzutage kann man sich an einem ganz normalen Montag den Tag mit fettem Stoner Metal versüßen. Gut, nach Dresden muss man fahren, denn dort hatten sich Weedeater und Demonical angekündigt, aber das erscheint trotzdem weit weniger abartig, als wild um sich zu feuern. Und so fand man sich mit 150 bis 200 potentiellen Amokläufern und Drogenopfern ein, um dem Montag etwas Sinn zu verleihen.





Die Mischung aus extremen Stoner oder “Weedmetal” wie Weedeater ihre Musik nennen und klassischem Schwedentod wie ihn Demonical zelebrieren, ist nicht gerade typisch und in diesem Fall mal absoluter Zufall. Demonical sind nämlich grad selber auf Tour und nutzen ihren freien Tag, um sich was dazu zu verdienen. Los ging es aber mit Hard Charger, einer kanadischen Crust/Punk/Thrash Band. Die waren wohl angeblich mit Weedeater auf Tour, wurden jedoch vorher nicht wirklich angekündigt. Das war aber auch nicht nötig. [Fur]

Hard Charger
Hard Charger

Musikalisch trugen Hard Charger nämlich eher der Einfachheit Rechnung. Es gab genau einen Takt, den der Drummer beherrschte und der wurde schließlich unbarmherzig über jedes Riff gezimmert. Nicht, dass die sonderlich ausgefeilter gewesen wären, aber etwas mehr Abwechslung wäre durchaus möglich gewesen. Schwer zu sagen, der eine fand es plump und manch’ anderer freute sich, wie “geil assozial und billig” die Mucke war, die Hard Charger da boten. Na gut, muss ja nicht immer schwer sein. Außerdem wurde den Anwesenden die Wartezeit auf Weedeater etwas verkürzt.

Demonical hatten da schon mehr Klasse und spätestens hier stellte sich auch heraus, dass Hard Charger nicht ganz so zufällig aus Kanada nach Dresden in die Chemiefabrik gereist waren. Die Jungs sind mit Weedeater unterwegs und hatten dann doch keine Lust, den Abend allein in irgendeiner langweiligen Bar zu verbringen. Zumal beim Gig saufen ja auch deutlich günstiger ist und man zudem noch Kost und Logie beziehen kann; kein dummer Schachzug!





Für die Schweden war es dann unter Umständen auch gar nicht schlecht, denn so konnte man die eigenen Qualitäten deutlich in den Vordergrund spielen. Wenngleich der wuchtige Schweden-Death von Demonical auch nicht die Speerspitze des progressiven Metals ist, erfreuten sich doch bereits die ersten sauberen Songs größtem Jubel. Das Publikum in dem kleinen Club schien nach den Riff-Salven der Nordmänner nur so zu lechzen. Die Halle war deutlich gefüllter als bei Hard Charger und so besiegte auch Sänger Widda bald seine Müdigkeit. Auch wenn man einige der Ansagen nicht wirklich verstehen konnte, wusste man, dass die Jungs ihren Spaß hatten. Sogar als sie verkündeten, dass man aufhören solle Spaß zu haben, denn was man hier mache, habe mit Spaß nichts mehr zu tun. Recht hat er, aber mitgerissen wurde man trotzdem. Zumal die Jungs auch richtig gut im Futter waren, was nicht verwundert, wenn man bedenkt, dass Demonical eigentlich unentwegt auf Tour sind. Man hätte eher erwarten können, dass einer zusammenbricht, als dass er sich verzockt.

Demonical
Demonical

Die Setlist bot auch das ein oder andere Schmankerl. Den Anfang machte “World Serpent”, der 2009er “Hellsworn”, die nochmal mit “Death Metal Darkness” bedient wurde. Doch hauptsächlich machte man sich daran, die aktuelle “Death Infernal” an den Mann zu bringen, was man mit “The Arrival of Armageddon”, “Black Inferno”, Return In Flesh” sowie “Ravenous” auch wirkungsvoll schaffte. Ein freudiges Raunen ging durch die Menge, als dann mit “Unholy Desecration” auch auf die 2007er “Servants of the Unlight” zurückgegriffen wurde. Leider sparte man sich am Ende “Leipzig 1945” (was bestimmt bei den Dresdnern auf freudige Ohren gestoßen wäre) und den Bandhit “Baptized in Fire”. Beide Titel standen zwar als Zugabe auf der Playlist, den Ad-Hoc-Supportern waren sie schließlich aber nicht mehr abzuringen. Dennoch, Demonical machten Stimmung und hatten trotz oder gerade aufgrund des starken Stilbruchs zu Weedeater einen erfrischenden Effekt. Die wenigsten gingen wohl mit schlechter Laune in den anstehenden Bass-Marathon.





Ich bin mir nicht sicher, welche Band diesen Sound toppen könnte. Sunn O))) vielleicht, aber die müssten mit ihren Infrabässen schon jemanden umbringen. Denn für einige schienen Weedeater schon zu hart zu ihren Gedärmen zu sein und auch uns, obwohl nüchtern und mit Ohropax ausgestattet, wummerte während der Rückfahrt der gesamte Körper. Was die Jungs aus North Carolina da ablieferten, war archaischer Sludge der jeden normalen Menschen bis in die Grundfeste erschüttern musste. Selbst hartgesottene Musikexperten waren schlichtweg perplex und irritiert, wie gnadenlos man mit einem Bass umgehen kann. Wie viel Stoff braucht es eigentlich, um dem Druck vor dem riesigen Marshall-Amp standzuhalten? Hatte der Mann überhaupt getrunken, oder waren es schlichtweg die unausweichlichen Frequenzen, die sein Hirn in ekstatische Schwingungen versetzten? Eher nicht, vielleicht aber auch beides, denn Fakt ist, dass Sänger Dixie 3 Sorten Whiskey parat hatte: seine Freunde Jim (Beam), Jack (Daniels) und Kameradin Southern (Comfort) warteten darauf, zwischen den einzelnen Songs knieend entleert zu werden.[Win]

Weedeater
Weedeater

Dixie wirkte dabei wie eine Mischung aus Seasick Steve, wenn dieser ein wirklich hartes Leben gehabt hätte, einem der Krabbenfischer aus Alaska oder Jim Beam persönlich. Einer von Gottes letzten Prototypen. So rotzte und pöbelte er sich mit seinen beiden (ebenfalls nicht nüchternen) Mitstreitern durch ein Set, dass für Hardcore-Fans sicher zu identifizieren war, denn vor uns bewiesen sich doch einige Zuschauer ziemlich textsicher. Wir erkannten nur das Lynyrd Skynyrd-Cover “Gimme Back My Bullets” (Sicher an Dixies abgeschossenen Zeh gerichtet), “Jason... The Dragon” und “Weed Monkey”, dass Dixie mit den Worten ankündigte: “I hope you hate the living shit out of the next song, its about weed and monkeys!” [Fur]

Weedeater
Weedeater

Selten geht man sprachlos aus einem Konzert. Entweder fand man es langweilig, belangos, in Ordnung, gut, großartig oder unglaublich. Unglaublich war es sicherlich, obwohl man beim Verlassen nicht so richtig wusste, was in dieser Halle gerade geschehen war und wie der Mann das mit dem Bass eigentlich gemacht hat. Auch ist es selten, dass man den Bass noch während einer einstündigen Rückfahrt im Magen spürt, wie er sich langsam rumorend durch die Eingeweide frisst und nur durch die vorsichtige Dosierung anderer, ruhigerer Musik besänftigt werden kann. Nur, um dann trotzdem nicht schlafen zu können, weil das Gehirn nicht in der Lage ist zu verarbeiten, was da erlebt wurde. Können Bassfrequenzen eigentlich Gehirnzellen abtöten? Keine Ahnung, zumindest schaffen sie es, einen Placebo-Trip zu suggerieren. [Win]