Helheim
Auf Arbeit war mir der neue Kollege direkt aufgefallen. Wer ein 40 Watt Sun-Shirt trägt, kann kein schlechter Mensch sein, dachte ich mir und verwickelte ihn in ein Gespräch über Musik. So erfuhr ich von dem kurzfristig anberaumten Konzert von Patrick Walker, bei dem er das 40 Watt Sun-Material sich selbst auf einer Akustik-Gitarre begleitend vortragen wolle. Anscheinend hatte es den Briten zu Pfingsten in die Region um Chemnitz verschlagen (wohin auch sonst) und er nutzte die Gelegenheit gleich, um mal zu ertasten, auf welche Resonanz er mit seinen Akustik-Sachen stößt.
Within Dream's Realm
Nun, zumindest der Auftritt im Helheim sollte ihm Grund genug gegeben haben, wieder zu kommen: Bereits 2 Stunden vor Auftritt nutzten die ersten Besucher die Gelegenheit, sich eine der wenigen Abendkarten zu sichern, Reservierungen gab es keine mehr. Pünktlich um 21 Uhr eröffnete das Ein-Mann-Projekt Within Dream's Realm den musikalischen Abend. Leider schien der junge Mann ziemlich aufgeregt zu sein und hatte zusätzlich auch noch mit seinem Laptop zu kämpfen. Vielleicht wäre er besser beraten gewesen, wenn er auf die aufgenommenen Gitarrenspuren verzichtet hätte. So wollte sich der gewünschte Effekt nur schwerlich einstellen und auch im Publikum herrschte einigermaßen Unruhe. Schade eigentlich, denn was man auf Platte von dem guten Mann hören kann, hat durchaus Ambient-Charme. Aber ganz ehrlich: An diesem Abend war jeder nur gekommen, um Mr. Walker zu erleben.
Patrick Walker
Und er enttäuschte nicht. Mit feinsinnigem Humor und musikalischer Brillianz ergriff er sofort das Publikum und ließ es für die nächste Stunde nicht mehr los. Die Atmosphäre war zum Schneiden dick, was nicht nur an der stickigen Luft lag: Wer keinen Platz mehr in dem kleinen Raum des Helheims bekommen konnte, stand jetzt draußen vor dem Fenster. Man merkte deutlich, dass das 40 Watt Sun-Material nicht nur auf, sondern auch für die Akustik-Gitarre geschrieben ist. Neben seinen Gitarren-Künsten bewies Walker aber auch, dass er ein wirklich herausragender Sänger ist. Dieser Umstand ist auch auf den Alben ersichtlich, dort steht seine Stimme aber eher im Kontrast zu den harten musikalischen Klängen. An diesem Abend bildete sie jedoch eine Einheit mit der Gitarre und wirkte noch einmal deutlich eindringlicher, so dass sicher der eine oder andere mit den Tränen zu kämpfen hatte. Der Autor dieser Zeilen natürlich nicht, ich hatte nur was im Auge.
Patrick Walker
Was das Konzert aber zum wirklichen Highlight an Pfingsten machte, war Mr. Walker selbst. Der gute Mann schien einen guten Tag erwischt zu haben und war bei bester Laune (soweit man das seinem schüchternen Wesen ablesen kann). Immer wieder erkundigte er sich nach dem Befinden des Publikum, schien eher überrascht davon zu sein, wie gebannt ihm die Leute an diesem Abend lauschten und gab nach Zuruf beim Tieferstimmen seiner Gitarre lachend zum Besten: „Funeral Doom... who invented this fucking genre?“
Viel zu früh ging dieser wunderschöne Abend mit einem extrem sympathischen Musiker zu Ende, der von einem disziplinierten Publikum und einer unvermittelten Umarmung hoffentlich so beeindruckt wurde, dass er wiederkommt, die Akustik-Songs endlich mal aufnimmt und ganz vielleicht bitte beim nächsten Mal auch einen Warning-Song erklingen lässt.