Einfahrt
Einfahrt

Schon der Wetterbericht verhieß nichts Gutes: Drei Tage Regen waren für Bad Berka am Party.San-Wochenende angekündigt und es hatte bereits einige Tage geregnet. Bei schon strömenden Regen in Leipzig wurde das Auto mit mehreren paar Schuhen, Regenjacken und Unmengen an trockenen Klamotten vollgestopft, bevor es schließlich in Richtung des härtesten Ackers Deutschlands ging. Mit Mühe und Not manövrierten wir das Auto durch eine bereits beachtliche Schlammbrache, um im immer noch anhaltenden Regen das Zelt aufzubauen. Dunkle Erinnerungen an die Schlammschlacht 2007 wurden wach, mit genug Bier konnte die Stimmung jedoch schnell auf ein euphorisches Niveau gehoben werden.

DONNERSTAG

Ketzer
Ketzer

Eröffnet wurde das diesjährige Party.San von Ketzer, die mit ihrem thrashigen Black Metal durchaus für ordentlich Stimmung sorgen konnte. Das lag allerdings wohl eher am allgemeinen Groove der Songs, als am Sound. Während die Jungs auf Platte richtig Spaß machen, wirkte die Songauswahl live ziemlich gleichmäßig und wenig abwechslungsreich. Auch Merrimack blieben für meine Geschmack ein wenig blass und auch das Publikum schien es so zu sehen. Nicht nur der omnipräsente Schlamm dürfte dafür verantwortlich gewesen sein, dass sich Beifall und Bewegungsfreude auf Seiten des Publikums in Grenzen hielt.

Devourment
Devourment

Bei Devourment hatte mein Alkohollevel bereits ein Level erreicht, welches das Entziffern der Aufzeichnungen in meinem Heft erschwert. Zwischen „Masturbating At The Slab”, "Fastering Vomiting" oder "Fed To The Pigs" sollte für jeden Freund des pornösen Death Metal was dabei gewesen sein, denn der Sound war genauso fett wie der Groove. Monstrosity fielen dagegen etwas ab, was wohl zum Teil auch am nicht optimalen Sound lag.

The Devils Blood
The Devils Blood

Das The Devil's Blood polarisieren, war bereits bekannt und so teilte sich das Publikum in treue Anhänger der Band und treue Anhänger des Bieres, die lieber die umstehenden Stände erkundeten und sich dem kühlen Gerstensaft widmeten. In blaues Licht und jede Menge Blut getränkt, bildete die Band mit ihrem okkulten psychodelischen Rock einen deutlichen Kontrast zum vorherigen Todesgeballer. Da bei mir weder das gespielte Material noch die Bühnenshow irgendwie Interesse hervorbringen konnte, widmete auch ich mich also eher dem alkoholischen Getränken, was dazu führte,

Watain
Watain

dass bei Watainschließlich meine Erinnerung vollkommen aussetzte. Ein Blick auf meine Regenhose lässt allerdings vermuten, dass es auch zu diesem Zeitpunkt noch schlammig war. Die Franzosen durften nach 2006 wieder am Donnerstag den Rausschmeißer spielen und hatte wieder mal jede Menge Zeug zum Anzünden dabei. Wenigstens war eventueller Gestank im Fotograben nicht zu vernehmen.

FREITAG

Onheil
Onheil

Pünktlich um 13 Uhr eröffneten Onheil den zweiten Tag des Festivals, der mit relativ gutem Wetter begann, sich aber schnell wieder auf seine regnerischen Tugend besann. Die Holländer boten ein nettes Black/Thrash-Gemisch ohne große Besonderheiten dafür mit leider zu lauten Schlagzeug. Gespielt wurden hauptsächlich Songs vom aktuellen Album „Razor“, was, wenn man das zuströmende Publikum betrachtete, anscheinend auch sehr gut ankam.

Milking The Goatmachine
Milking The Goatmachine

Vielleicht wollten aber auch viele nur rechtzeitig zu Milking The Goatmachine einen guten Platz erwischen. Schließlich hat das Alpengrind-Projekt sich im letzten Jahr eine beeindruckend Fan-Schar erspielen können. Nun könnte man spekulieren, ob das dem knallhart durchgezogenen Gesamtkonzept liegt, oder doch eher am musikalischen Background einzelner Bandmitglieder. Zweifellos wissen die ziegenähnlichen Außerirdische (?!) aber, wie man Grind macht und ballern dem Publikum eine grooviges Grind-Stück nach dem um die Ohren, was unten im Schlammloch dankbar angenommen wird. Das sie eine absolut taugliche Live- und Party-Band sind, bewiesen Milking The Goatmachine auch auf dem Party.San mal wieder sehr eindrucksvoll. Zum Glück hat es sich aber nach 45 Minuten dann aber doch ausgemäht...

Suicidal Angels
Suicidal Angels

Suicidal Angels standen bei mir ganz oben auf der Kandidatenlisten für die Band des Tages, konnten aber bei weitem nicht so viele Zuschauer vor der Bühne binden, wie MTG. Das schien den Griechen jedoch ebenso wenig auszumachen wie das bescheidene Wetter: Mit heftigen Thrash Metal-Attacken hatten die Jungs das Publikum von der ersten Minute an im Griff, überall sah man Köpfe kreisen, die mit ihrer Rotationsgeschwindigkeit kaum den gebotenen Songs folgen konnten. Ob „Bleeding Holocaust“, „Inquisition“ oder „The Final Dawn“: Suicidal Angels verstanden es in ihrer Show immer noch eine Schippe draufzulegen. Da störten auch die etwas zu leise abgemischten Gitarren nicht: Von Suicidal Angels ist definitiv noch Großes zu erwarten.

Origin
Origin

Die einzige Band, die an diesem Tag die Geschwindigkeitsmesslatte noch höher legen könnte, ist Origin. Viel extremeren Metal wird man anno 2010 nicht finden und die Amis boten mal wieder ihr gesamtes musikalisches Können auf, vor dem man nur seinen Hut ziehen kann. Leider fehlte dem Auftritt etwas ganz entscheidendes: Der passende Sound. Ihr Soundmischer erwischte zwar keinen rabenschwarzen Tag, aber viele Nuancen blieben einfach auf der Strecke. So blieben Origin an diesem Tag eher ein optischer als ein musikalischer Leckerbissen, denn von der Fingerakrobatik die Mike Flores am Bass aufführte, war z. B. nicht viel zu vernehmen.

Demonical
Demonical

Das Demonical mit Ofermod getauscht hatten, schienen doch einige verpasst zu haben, wohl dem, der sich eh in Bühnennähe aufhielt. Die Schweden boten mit „Baptized In Fire“ und „Götter des Nordens“ genau die beiden Songs, die ich hören wollte und da ließ sich auch der etwas breiige Sound verschmerzen. Der war letztlich jedoch daran Schuld, dass ich mir das ganze Geschehen aus trockenem Abstand zu Gemüte führte.

The Crown
The Crown

Irgendwie hätte ich The Crown auf einem späteren Spielplatz erwartet, schließlich sind die (für mich unangefochtenen) Death'n'Roll-Könige ja das erste Mal seit ihrer Auflösung 2004 wieder im großen Stil unterwegs. Auch wenn ich Johan Lindstrand als Sänger vermisse: Jonas Stalhammer macht ein verdammt gute (und nerdige) Figur am Mikro und präsentierte die Songs genau, wie es sein sollte. Die Songauswahl war exzellent, hauptsächlich erklangen die älteren Sachen, vom aktuellen Album „Doomsday King“ wurden nur 2-3 Lieder eingespielt. Geiler Auftritt und The Crown dürfen von mir aus in dieser Besetzung immer und überall spielen.

Ofermod
Ofermod

Am Anfang meiner Aufzeichnungen zu Ofermod steht: „Scheissgelaber“ und vielmehr dann eigentlich nicht mehr. Dass das rituelle Konzept der Band auf Platte und im kleinen Club vor eingefleischten Fans funktioniert, mag wohl sein, auf einem Festival mit vielen Unkundigen dagegen grenzte das Gebotene wohl an personifizierte Langeweile. Über 10 Minuten dauerte das „Intro“, was aus vorgetragenen Gebeten und bösen Blicken bestand, bis endlich auch die vorhandenen Instrumente benutzt wurden. Naja.

Ofermod
Ofermod

Wie der Regen gehört wohl mittlerweile auch Martin Van Drunen zum Inventar des Party.San. Ob mit Asphyx oder Hail Of Bullets: seit 2007 kann man den Guten eigentlich fast jedes Jahr auf der Bühne in Bad Berka bewundern. Dieses Mal war er mit Asphyx da, die sich ja 2007 auf dem Party.San wiedervereinigt hatten und auch diesmal wieder eine tadellose Show boten, die u. a. mit „The Rack“ und „Death – The Brutal Way“ einen guten Querschnitt durch das gesamte Schaffen der Band bot.

Dying Fetus
Dying Fetus

Was soll man noch zu Dying Fetus sagen? Hatten Asphyx das Publikum mürbe geschossen, war jetzt totale Zerstörung angesagt. Bei strömenden Regen gab es mit „One Shot, One Kill“, „Kill Your Mother, Rape Your Dog“ oder dem Old-School-Klassiker „Grotesque Impalement“ bei absolut perfekten Sound einen Dampfhammer nach dem anderen. Ganz großes Kino!

Autopsy
Autopsy

Mit Sarke und Autopsy waren an diesem Wochenende die großen Publikumsmagneten des Festivals direkt hintereinander gesetzt, was dafür sorgte, dass sich auch zu später Stunde noch eine Menge Leute durch die Schlammlandschaft vor der Bühne quälten. Während mich das aktuelle Projekt um den Darkthrone-Sänger Nocturno Culto relativ kalt ließ, konnte man sich die historische Gelegenheit, Autopsy nach 20 Jahren mal wieder in Europa spielen zu sehen, nicht entgehen lassen. Ganz sauber war das gebotene Spiel zwar nicht, dafür war der Sound eine ideale Mischung aus erwartbarer Klarheit und erhoffter Rotzigkeit, der den alten Klassikern live neues Leben einhauchte. „It's just one word, you can do it... death!“

SAMSTAG

Under That Spell
Under That Spell

Under That Spell konnte ich mir am frühen Samstag Mittag als alter Helrunar-Fan nicht entgehen lassen, und auch, wenn die Band noch etwas unsicher auf der Bühne wirkte und sich noch nicht wirklich viele Metalheadz auf das Festivalgelände bewegt hatten, überzeugten die Niedersachsen zumindest mich mit sehr guten Sound, sauberen Spiel und schönen Gesang. Wem die Debüt-Platte „Apotheosis“ gefallen hatte, musste auch mit diesem Auftritt zufrieden sein.

Ghost Brigade
Ghost Brigade

Die leiseren Zwischentöne waren in diesem Jahr rar gesät und so hing es vor allem an Ghost Brigade, zu zeigen, wie vielseitig es im Metal zur Sache gehen kann. Mit ihrem Gemisch aus Doom, Death und Ambient überzeugten die Finnen nicht nur mich. Auch Sänger Manne Ikonen gab sich keine Blöße und war sowohl im klaren Gesang wie im Geschrei immer treffsicher. Wohl dem, der sich diesen Auftritt mit offenem Verstand und Ohren ansah. Das Verlangen nach solchen Bands ist anscheinend auch beim typischen Party.San-Besucher vorhanden und so dürfte es nicht nur für meinen Geschmack im nächsten Jahr ruhig noch 1-2 mehr „untypische“ Bands geben.

Varg
Varg

„Hallo, wir sind Varg, das bedeutet Wolf, ist aber nicht so'ne Tierscheisse!“ - Sympathisch sind die Coburger ja auf jeden Fall, ansonsten kann ich mit trinkfreudigem Pagan-Metal aber leider so gar nichts anfangen.

Necrophagist
Necrophagist

Dafür, dass man Necrophagist arg wenig live zu Gesicht bekommt, schienen sie auch nicht unbedingt die pure Lust am Spielen zu versprühen, Ansagen gab es kaum welche und auch sonst keine Bühnenshow, was man durchaus angesichts der erbrachten musikalischen Leistung verschmerzen kann, aber das bereits nach knapp einer halben Stunde Spielzeit die Show vorbei war, ließ nicht nur mich einigermaßen verdutzt zurück. Schade! Vielleicht sollten sich die Jungs eher darauf konzentrieren, ihr Album fertig zu kriegen. Mit neuen Songs kommt vielleicht auch die Spielfreude zurück.

Napalm Death
Napalm Death

Wie Spielfreude aussehen muss, konnte man dann bei Napalm Death lernen. Die Briten machen seit fast 30 Jahren die Bühnen der Welt unsicher und sind ganz offensichtlich noch lange nicht satt. Barney war mal wieder nicht zu stoppen, überzeugte mit knappen und durchdachten Ansagen, und war mal wieder kaum mit der Kamera festzuhalten. Das Set war gespickt mit Abrissbirnen wie „You Suffer“, „The Kill“ oder „When All is Said And Done“ die alle in so einer rasenden Geschwindigkeit präsentiert wurden, dass Barney nach einer halben Stunde feststellen musste: „We played so fast, so we have to make songs up!“ - Kein Problem für die erfahrenen Briten, die man sich nie entgehen lassen sollte.

Lock Up
Lock Up

Bei Lock Up durfte Napalm Death-Bassist Shane Embury dann nochmal ran. Die Grind-Superband überzeugte mit fettem Sound und jeder Menge Spielfreude, durfte sich über ihren Headliner-würdigen Spielplatz wohl aber vor allem deswegen freuen, weil unter anderem auch Tomas Lindberg (At The Gates) und Nicholas Barker (Ex-Cradle Of Filth) an dem Projekt beteiligt sind. Denn ganz ehrlich, eigentlich hatte der Grindcore der Jungs wenig neues zu bieten. Nett war's aber trotzdem.

Cannibal Corpse
Cannibal Corpse

Zu Cannibal Corpse war nach den obligatorischen Bildern bereits die Abreise angesagt. Letztlich bekam man vom Pressezeltplatz dann doch noch ein gutes Stück des Auftritts mit, denn es dauerte etwas, bis sich die Zugmaschine auch in unsere Richtung verschlagen hatte und unser Auto bereitwillig aus dem Schlamm gezogen hatte. Damit schloss das Wochenende, wie es begonnen hatte und man kann nur seinen Hut ziehen, vor einer Organisation, die mal wieder ein total verregnetes Wochenende ohne größere Ausfälle, Spielzeitverzögerung oder ähnliche Probleme überstanden hat. Genauso ließen sich auch weder das Publikum noch die Bands vom Wetter die Stimmung vermiesen und feierte mal wieder das wohl geilste Wochenende des Jahres. Schauen wir mal, wie hart es im nächsten Jahr wird. Ich hoffe ja auf Sturm und Hagel!