Auf allen Plattformen wurde es hochjauchzend verkündet - das In Flammen Open Air ging anno 2015 in seine zehnte Runde. Keine Frage, dass man da am Platz zu sein hatte. Diese Einladung ließ sich selbst der Wettergott nicht entgehen, aber diese und jene Aussagen zur Gluthitze sowie zu der Hölle von Torgau wurden bereits zur Genüge getroffen. Kurzum, es war warm, sonnig und in den Köpfen der Leute blieb lediglich der kristalline Alkohol zurück, denn jedwede Flüssigkeit wurde alsbald wieder ausgeschwitzt. Dass dieser Prozess einigen zu schaffen machte, kann man sich denken. Das Betrunken-Werden konnte so aber auch schon für den schmalen Taler initiiert werden.





Donnerstag

14.00 Uhr auf dem Acker, die Frisur hält. Jedenfalls solange man in der klimatisierten Karre sitzen bleibt. Alles jedoch kein Grund, nicht ein bis sieben Bier zu trinken, bevor der Donnerstag in der neu angeschafften Zeltbühne beginnen sollte. Als wären wir Profis, hatten wir unser Lager direkt vor jener weißen Gebäudestruktur errichtet, die neben Schatten auch einen Bierwagen mit kühlen Köstlichkeiten bot. Schnell hatte man sich so im neuen Zuhause eingelebt und die Zeit bis zur ersten Band verging wie im Fluge. Beinahe zu schnell, möchte man meinen, denn mit den netten Kollegen von Bloodchamber.de sowie dem guten Herrn Prüwer vom Kreuzer hatte man sich am offiziellen In Flammen-Wasserloch bei Bier und bourgeoisem Blödsinn etwas festgequatscht.



The Last Hangmen


Doch kein Grund zur Panik, denn es waren ja nur wenige Schritte bis zu The Last Hangmen. Der Fünfer aus Dresden hat sich den melodischen Death Metal auf die Fahnen geschrieben und auch recht ansehnlich präsentieren können. Kraftvolle Riffs treffen auf druckvolles Drumming, welches nie zu verspielt und stets groovig daherkommt. Die Jungs haben einen soliden Stil entwickelt, der eine respektable Menge an Leuten ins Zelt ziehen konnte. Sicher keine Selbstverständlichkeit als Opener, aber durchaus verdient. Lediglich die Cover-Version von Hypocrisys “Eraser” wollte nicht so richtig fruchten und man muss sich fragen, ob sowas denn überhaupt Not tut. Egal, einfach mitnicken und abwarten, was Kommando so zu bieten haben.
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Kommando
Kommando

Mit Kommando fröhnen einige Endstille-Mitglieder ihrer Lust nach dreckigem, unmelodiösem Crust der alten Schule. Was dabei rauskommt, lässt sich mit “Richtig schön auf die Fresse” am besten umschreiben. Mit dem letzten Song zerballerten die Jungs wohl auch noch die Sicherungen auf der Zeltbühne. Allein diese Anekdote ist wohl ebenso witzig, wie die erwerbbaren “Support Your Local Kommando” Shirts.
[Forest]




Ressurected
Ressurected

Nicht nur, dass Bassist Ben Bays mit einer hervorragenden Von Frankenstein-Gedächtnislocke aufwarten konnte. Auch Gitarrist Thomas Granzow hatte die ganz großen Gesten im Gepäck. Natürlich völlig zurecht, denn musikalisch gab es von Resurrected mit Volldampf auf die Schnauze. Das jedoch mit Pausen, denn die Hitze setzte nicht nur der etwas trägen Meute, sondern auch der Technik zu. Ab und an hatte man nun auf der Zeltbühne mit Ausfällen zu kämpfen, die Sänger Christoph Mieves gekonnt überspielte. Da kann man eben nichts machen und auch das Publikum nahm es gelassen. Sobald wieder Strom auf den Leitungen war, prügelte sich der Vierer wieder ein. Getreu dem Motto: Fahr schneller, das Benzin ist gleich alle.



Skanners


Da war sie nun, die alte Liebe des Festivalvaters - Die Skanners durften auf der Jubiläums-Show in Torgau natürlich nicht fehlen und als wäre es ihr erster Auftritt, legten die Italiener eine unnachahmliche Spielfreude an den Tag. Da ist es auch egal, dass die Meinung in der Menge zwischen, “Ach, die spielen doch jedes Jahr”, “Yeah, geil” und “Naja, ich bin ja mehr für Black Metal” mäanderte. Und ganz gleich, wie man zu dieser Musik steht, ein gewisses Grinsen hat wohl jeder auf der Backe, wenn Frontmann Claudio Pisoni seiner hochpeitschenden Stimmgewalt freien Lauf lässt. Mit der richtigen Menge Bier sind die Skanners immer für eine Party gut - daran ändert auch ein skeptischer Prüwer-Blick nichts!



Weltenbrand


Es war ein kleines Rätsel, was es mit dem nicht gerade selten gebrauchten Begriff Weltenbrand auf sich hatte. Neben einer Weltkriegsaustellung, die mir einmal im universitären Rahmen untergekommen ist, wusste ich noch um eine vermeintliche Gothic/Neo-Folk-Band des gleichen Namens und hatte so wirklich auf keines von beidem Lust. Gut, dass sich bei Ankunft an der Froschkotze schnell herausstellte, dass dieser Weltenbrand ganz wörtlich zu verstehen war. Bei Dunkelheit und etwas gemilderten Temperaturen legte Feuerkünstler Timpe los, der eine Menge glühenden Krims-Krams bei sich trug, durch die Gegend wirbelte, schluckte, spuckte und jonglierte. Ein faszinierendes Licht- und Farbenspiel, das durchaus zur Entspannung gereichte und durch eine choreographische Abstimmung auf diverse Musiktitel überzeugen konnte. Definitiv mal ein außergwöhnliches Festivalprogramm, das den Hippie-Charakter der Metal-Kommune nur noch verstärkte.

Weltenbrand
Weltenbrand

Der restliche Abend war schließlich frei und so ging man gänzlich unkollegial diversen eigenen Beschäftigungen nach. Der eine schlief. Der andere machte sich auf, etwaige Personen zu suchen und zu finden und wiederum ein anderer saß gedankenverloren an blauen Tischkonstruktionen auf einem Feld im Nichts. Irgendwann wurde es dann auch wieder hell, unheimlich heiß und einige letzte Kaputte fanden erst jetzt den Weg in ihr Zelt. Fraglich, wie man zu dieser Stunde noch Schlaf finden sollte.

Freitag

Folgerichtig zog es uns wieder zur Bewässerungsanlage, die neben kühlem Nass auch einige schattenspendene Bäume vorweisen konnte. Und natürlich, wie die Maden im Speck, suhlte sich auch die Bloodchamber- und Kreuzer-Belegschaft an diesem Ort, um mit kruden Thesen und obskuren Behauptungen, die als Fachwissen deklariert wurden, [negativ] aufzufallen.
[Win]

Deathrite
Deathrite


Der illustre Kreis neunmalkluger Schlauköpfe löste sich alsbald auf, als Skelethal die Waldbühne betraten. Räudiger Death Metal der alten Schule ist ja eigentlich nie verkehrt und das trifft auch auf die Franzosen zu. Wer sich in der Mittagssonne schon den ersten Sonnenstich geholt hatte, war hier herzlich eingeladen, mit einem Schleudertrauma nachzuhelfen. Im Anschluss ging es direkt weiter mit altem Death Metal, modern produziert (Deathrite), bevor Agonize mit ihrem gnadenlosen Death/Grind die Brücke zum darauf folgenden Ekel-Grind schlugen. Außerdem waren die Dresdner meiner lückenhaften Erinnerung nach auch für den Running Gag des Wochenendes verantwortlich. Und zwar “Out of Nowhere!”[Fur]





Wer konnte auch ahnen, dass der hünenhafte Tobias Prüwer eine so butterweiche Nase hat? Ein kleines Stößchen mit der zuvor extra noch besorgten, offiziellen Grindcore-Fan-Klobürste reichte aus, um seine Atemextremität in zwei Teile bersten zu lassen. Dabei stand auf der Verpackung, dass der Gebrauch ungefährlich sei und keinen Altersbeschränkungen unterläge. Vielleicht war es dann doch die von Rectal Smega aufgeheizte Stimmung, welche zu diesem Eklat führte. Aber seien wir ehrlich, was rennt der Mann auch mit knapp 40 noch wie ein wahnsinniger zusammen mit 50 anderen Deppen im Kreis? Mann kann nur von Glück reden, dass dabei kreislauftechnisch nicht mehr passiert ist. Achso, es sollte ja um Rectal Smegma gehen - die trugen typisch holländische Alltagskleidung und spielten einige ihrer beliebtesten nationalen Kinderlieder wie “Two Girls One Cupcake”, “De Pedofiele Pater” sowie “Double D Deathpunch”. Sehr schön.

Wandar
Wandar

Mit Wandar kann man nie wirklich was falsch machen und das sollte sich auch an diesem Tage wieder bestätigen. Passend zu ihrer Herkunft, spielten die Black Metaller in der Zelthalle (HA!) auf, was zwar eine Art von Schatten bedeutete, auf Seiten der Temperatur aber nur kaum Abkühlung versprach. Da half auch der bitterkalte Wutstrom des Vierers nicht. Kein Grund zu verzagen, denn auch ohne geweißtes Angesicht wissen Wandar ihre Show standesgemäß auf die Bretter zu kriegen.
[Win]

Doomed
Doomed

Doomed ist natürlich auch so ein Bandname, den sich einfach keiner traut zu verwenden. Was man dann an Musik präsentieren muss, sollte dementsprechend auch klar sein und so ließen die Zwickauer ordentlich einen Doomen. Stellenweise erinnerte der dröhnende Death/Doom an frühe Ahab, was vor allem den unterschwelligen Melodien zu verdanken war, die sich immer wieder flirrend ihre Bahn zwischen brechenden Riffwellen bahnten. Dickes Brett, dass sich alle Doom-Fans definitiv mal näher anschauen sollten.

Iron Walrus
Iron Walrus

Iron Walrus gebührt allein schon mal Respekt bei dem Wetter dennoch mit ihren Woll-Walroß-Masken aufzutreten. Wer sich einmal zur Bühnenkostümierung entschieden hat, muss diese schließlich auch durchziehen. Die eigene Walroß-Aufpassertruppe nickte im Takt des sludgigen Treibens auf der Bühne und tat Recht daran. Die Doom-Sludge-Neulinge mit jahrelanger Banderfahrung spielen vielleicht nicht die abwechslungsreichste Musik, die dieses Genre zu bieten hat, konnten aber mit ihren simplen Riffs durchaus für Atmosphäre sorgen. Großen Verdienst daran hat auch Sänger Aufi, der sich beim ersten Bandmeeting clevererweise gegen ein Maskierung entschied. Geschwitzt hat er trotzdem. [Fur]

Was gibt es schöneres in praller Hitze? Wie wär’s mit einem kleinen Todesmarsch von der Zeltbühne zur Hauptbühne, um sich dann schön kalten, fiesen Black Metal mit ‘nem G.G. Allin Cover zum Abschluss zu geben? Kann man auf jeden Fall machen, gerade wenn Hell Militia dazu laden und einen überzeugenden Gig dabei abliefern.
[Forest]

Outre
Outre

Outre aus Polen habe ich definitiv fotografiert, dessen bin ich mir bewusst. Ich erinnere mich im Zelt gewesen zu sein und der Kameraspeicher bezeugt diese Tatsache durch das Vorhandensein diverser Bilder. Aber wie klangen die Polen? Black Metallig, das ist sicher und auch nicht gerade schwer zu erraten, zeugt doch schon die weiße Kriegsbemalung von der entsprechenden subkulturellen Zugehörigkeit. Sei es drum, auf den Fotos machen die Herren eine gute Figur und ich kann mich nicht erinnern, der Musik gegenüber abgeneigt gewesen zu sein. Grund genug, beim nächsten Mal etwas genauer hinzuhören.
[Win]

Nominon
Nominon

Bereits im vergangenen Jahr konnte man die Schweden Nominon auf dem AUTUMN FROM HELL in der Halle sehen und an diesem Tag war nun die Möglichkeit gekommen, sich das Ganze nochmal bei Licht zu Gemüte zu führen. Fazit: Auch bei voller Naturbeleuchtung können die Death Metaller überzeugen und ich kann mich meiner letztjährigen Einschätzung nur wieder anschließen: “Bleischwere Riffs und wuchtiges Drumming, bei dem man gar nicht umhin kam, sein Hirngefäß im Takt wippen zu lassen”.
[Win]



Eyehategod


Seit 1988 sind Eyehategod auf den Brettern dieser Welt unterwegs und vor allem Sänger Mike Williams sieht man die vielen Sludge-Jahre deutlich an. Obwohl er ja, wie Gitarrist und Gründungsmitglied Jimmy Bower, die Heroin-Sucht offiziell hinter sich gelassen hat, wirkt er auf der Bühne alles andere als nüchtern und ziemlich teilnahmslos. Aber gut, das kann natürlich auch alles Show gewesen sein, denn ein seeliges Lächeln konnte er sich nicht verkneifen. Musikalisch ließen die Amis keine Zweifel aufkommen und tatsächlich passen ein paar Sludge-Perlen perfekt zum In-Flammen-Potpourri. [Fur]

Terrorizer
Terrorizer

Jetzt ist es Zeit, sich Feinde zu machen. Viele haben sich auf Terrorizer LA gefreut, aber ich konnte der Show der alten Herren absolut nichts abgewinnen. Nicht nur, dass der Bass klang, als würde man mit einem Schneebesen auf einem Waschbrett rumschubbern, auch Frontmann Oscar Garcia wirkte eher abwesend und stimmlos. Klar, Terrorizer sind Legenden und haben schon einige Jahre auf dem Buckel, aber das macht lange noch keine gute Show. Nun gut, jetzt kann man die Jungs zumindest mal von der Liste streichen, fehlt nur noch ein Konzert von Terrorizer.
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Darkened Nocturn Slaughtercult


Mit Einbruch der Dunkelheit betraten Darkened Nocturn Slaughtercult die Bühne und legten eine sehr ansehnliche und professionelle Bühnenshow hin. Im weißen, später blutrot gefärbten Gewand und mit Posen, welche immer wieder an "The Ring" erinnerten, wird gerade Frontfrau Onielar den meisten Besuchern im Gedächtnis bleiben. Aber auch das, was es auf die Ohren gab, war sehr überzeugend und mitreißend vorgetragen. Die Setlist war nur so gespickt mit prägnanten Songs aus allen bisherigen Kapiteln des Kults.

Darkened Nocturn Slaughtercult
Darkened Nocturn Slaughtercult

So wurde der Reigen aus Keiferei und Blutgespei auch erstmal mit “Omnis Immundus Spiritus” eröffnet, gefolgt von “Tempestous Sermonizers of Forthcoming Death“ vom Kapitel “Hora Nocturna”. Nach "Slaughtercult" vom allerersten Kapitel und “Coronated Spheres of Adversity” folgte eine kurze Pause dank des Intros zum treibenden Track "Das All-Eine". Danach durften die Rasereien “Bearer of Blackest Might” und "Thanatos" nicht fehlen. “The Eviscerator” folgte "Follow the Calls for Battle" und "Nocturnal March" schloss diese durchweg fesselnde Zeremonie dann ab.

Definitiv eines der Highlights des Festivals, sofern man sich denn für Black Metal erwärmen kann. Und für die Hater gab’s dann ja immer noch Vader.
[Forest]

Vader
Vader

Eigentlich sind Vader ja eine richtig dicke Kombo, die stets Spaß verspricht und unprätentiös ihren charmanten Polen-Death kredenzt. Doch nach Darkened Nocturn Slaughtercult wirkte das alles nur noch halbgar. Es war, als hätten DNS alle Energie absorbiert, die zuvor noch frei über das Gelände waberte. Folglich wollte die Show bei mir einfach nicht fruchten. Das ist aber kein Nasenbruch, denn als Hintergrundmusik auf der Wiese mit einem kühlen Bier in der Hand sind Vader allemal zu gebrauchen. Zeit, sich schon mal auf Bömbers einzustellen.
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Bömbers


Bömbers sollten ja der feuchte Traum für Veranstalter Thomas gewesen sein. Schließlich bekam er so die Möglichkeit, einigermaßen günstig Abbath zu seiner Gartenparty einzuladen und gleichzeitig seinem Laster für Coverbands nachzugehen. Im Prinzip hat er sich so auch gleich noch Lemmy dazugeholt, denn Meister Abbath kann tatsächlich täuschend echt den britischen Devotionalien-Sammler imitieren. Die großen Gesten lässt sich der Gute natürlich auch nicht nehmen und so feierte er mit seiner Band und dem vollen Bühnenvorplatz eine echte Motörhead-Party, bei der man mit geschlossenen Augen denken konnte, der Altmeister steht persönlich auf der Bühne. Gut, etwas schneller sind die Bömbers schon unterwegs. Und für meinen Geschmack hätte Abbath gerne noch einen Immortal-Song motörizen können. Aber das kann dann wohl keiner bezahlen...

Nachdem man sich mit Abbath a.k.a. Lömmy a.k.a. Olve Eikemo die volle Motörhead-Dröhnung abgeholt hatte, versackte man noch mit den üblichen Verdächtigen auf dem Feld vor der Froschkotze. Kollege Göhlke stiefelte währenddessen wie ein irrer Spanner allen Festivalgästen hinterher, die irgendwie aus der Rolle fielen. Nur, um sie dann mit gefühlten 6000 Lumen zu blenden und bewegungsunfähig zu machen. Nur Hans, vielleicht hieß er auch Lars, wollte er nicht interviewen, der seinen Freund Uwe, oder Ronny, suchte. Angeblich hatten sie sich auf dem In Flammen verabredet, aber wie es das Schicksal wollte, fanden sie sich nicht. War Ronny, oder Uwe, ein Unglück zugestoßen? Lag er womöglich neben der Froschkotze? Oder gab es Ronny-Uwe überhaupt? Es konnte kaum aufgeklärt werden. Nur, dass die beiden sich aus dem Nachbardorf kannten, wo sie schon in Kindertagen miteinander tranken, wusste Hans-Lars noch. Ein tragisches Elend für das viele nur ein müdes Lachen übrig hatten. Mich übermannte der herbe Schlag der Ungerechtigkeit, sodass ich bereits am folgenden Morgen abreisen musste. Würde ich Ronny-Uwe jemals finden können?
[Win]

Samstag

Zum Glück musste auch Samstag keiner frieren. Bereits gegen 9 in der Früh kletterten die Temperaturen auf Werte, die ein Verweilen in der Sonne unerträglich machten und den gesamten Zeltplatz in eine kochende Todeszone verwandelten. Wie schon am Freitag blieb nur eine Möglichkeit: Einen schattigen Platz in der Nähe des Wasserlochs finden und alle halbe Stunde zur rituellen Kühlung zu schreiten.

Dabei gab es natürlich (neben Kollege Prüwers dicker Nase) wieder allerlei clevere Abkühlungsstrategien zu beobachten. Wobei unser Favorit definitiv die Truppe in nassen Bademänteln war, die sich auf kreative Weise ihr eigenes kleines Planschparadies eröffneten.

Carnation
Carnation

Kaum hatte man den Tag Revue passieren lassen, stand mit Carnation schon die erste Band des wohl bisher heißesten Tages auf der schattigen Waldbühne. Mit - “You should have keep rotting” - , hatten die Jungspunde auch direkt eine kernige Ansage Richtung Entombed auf den Lippen und ballerten sich hitzeverachtend durch Ihr Set, dass sicher auch jüngeren Entombed-Fans zusagen würde.





Nach diesem kleinen Wachmacher wurde zum mittlerweile dritten Mal die berühmte Kuchentafel aufgebaut und mit allen Anwesenden das Leben als solches gefeiert. Für mich blieb, wie immer, nur ein winziger Schluck Kaffee übrig, aber da eh die Pflicht rief, stand der Marsch Richtung Zeltbühne an, auf der Temple of Oblivion den diabolischen Reigen eröffnen sollten.

Temple of Oblivion
Temple of Oblivion

Bei locker über 40 Grad unter dem stickigen Zeltdach verzichteten die Sachsen auf die ganz schweren Kutten und warfen sich ins leichte Sommerkleid. Musikalisch ließen sich die epischen Black Metaller vom Wetter nicht beeindrucken und ballerten sich zielsicher durch ihr Set. Nur die Show wirkte bei der Gluthitze auf den unkundigen Musikhörer wahrscheinlich etwas zusammengewürfelt, wobei man sich mit den beiden sehr ungleichen Fahnenschwenkern keinen Gefallen tat. Im Dunkeln mit voller Montur sollten Temple of Oblivion aber auch zynische Black Metaller überzeugen können.

Hammerhead
Hammerhead

Funeral Whore brauchen für ihren rotzigen Death Metal keine Kostüme, zumal auch irgendwelche Verkleidungen nicht darüber hinweg getäuscht hätten, dass bei F.D.A. Rekotz auch so einiges Mittelmaß vertreten ist. Dementsprechend war ich alsbald wieder in der Zeltbühne, wo sich Hammerhead daran machten, die 80er wieder aufleben zu lassen. Der knatternde, Riff-fokussierter Thrash der Belgier ging beim kühlen Radler (welcher Wahnsinnige trinkt bei den Temperaturen noch Bier?) gut ins Ohr und lud zum heiteren Metallica-Riff-Raten ein. Wobei Hammerhead durchaus auch als eigenständige Thrash-Band überzeugen können.

Die Eigenständigkeit von MacBeth lässt sich nun wahrlich nicht anzweifeln, gehören die Thüringer doch zu den dienstältesten ostdeutschen Metalbands. Musikalisch könnten die Jungs auch als melodischer Death Metal durchgehen, bis Ollis Gesang einsetzt und dem Ganzen doch eine deftige Heavy Metal Kante verpasst. Inwiefern die deutschen Texte der Musik zuträglich sind, muss jeder selbst entscheiden. Tatsache ist, dass diese Diskussion nicht aufkommen würde, wenn man die Texte nicht verstehen könnte.



Humanitas Error Est


So wird sich bei Humanitas Error Est wohl keiner direkt in eine Lyrik-bezogene Diskussion verwickeln lassen; bei Songnamen wie “Raping Religions”, “Bestial Penetration” oder “Pain Feeder”. Hinter dem Sextett ohne Plattenveröffentlichung stehen mit Drummer Ahephaim und Gitarrist Tsar keine Unbekannten, die ein gnadenlos fieses Geballer mit 6-Saiten-Strumming gestalten, auf dem sich das Gesangsduo ganz den großen Black Metal Gesten hingeben kann. Das musikalische Gesamtbild ist dann eher nichts für Freunde epischer Eingängigkeit (siehe dazu lieber Gateway of Selfdestruction), aber das hätte man auch erahnen können, bei einer Band die der Genrebezeichnung Black Metal noch ein Brutal davorstellt.

Iron Thor
Iron Thor

Iron Thor sind eine äußerst obskure Erscheinung der Metalwelt. Und das nicht nur äußerlich, denn die Gelsenkirchner huldigen Jon Mikl Thor, der in den 70ern erst als Bodybuilder und schließlich auch als Musiker in Erscheinung trat. Dementsprechend wurde der “Muscle Rock” anno 2015 auch sehr körperbetont dargeboten: Große Posen, Wrestling-Moves und Feuerspielchen standen auf dem Programm. Insgesamt hinterließen Iron Thor den Eindruck von Manowar auf Steroiden. Also auf noch mehr Steroiden. Der Unterhaltungswert war auf jeden Fall gegeben und für viele zwischen dem ernsten Geprügel auch eine willkommene Abwechslung. [Fur]

Wer es bis dahin noch nicht gemerkt hatte, Samstag sollte die Zeltbühne mehr oder weniger im Zeichen des Gehörnten stehen und folgerichtig Black Metal anpreisen. Die Reihenfolge der Bands entspricht dabei witzigerweise auch ziemlich dem Grad des persönlichen Gefallens.

Gateway to Self Destruction
Gateway to Self Destruction

Gateway to Self Destruction gehen mit eingängigen Riffs und prägnantem Gesang ziemlich gut und schnell ins Ohr und bringen auch gleich beim Publikum einige Köpfe in Bewegung, was zu dieser Uhrzeit bislang fast unmöglich schien. Da es leider immer noch keine Tonträger gab, bleibt nur weiter zu spekulieren, wie schnell man sich das Ganze dann eventuell überhören kann. Persönlich wissen die melodischen Riffs am besten zu gefallen, wenn sie mit Blastbeats unterlegt sind und Sängerin Mara dann noch zeigt, was stimmlich so alles in ihr steckt. Gerne wieder.



Dysangelium


Wie konnte ich Dysangelium bis jetzt noch nicht auf meinem Schirm gehabt haben. Die Mannen aus Kiel spielen orthodoxen Black Metal wie er im Buche steht und wussten vor allem auch durch ihr Auftreten zu überzeugen. Dieses Ritual zog mich vom ersten Takt an in seinen Bann. Besonders, wenn Sänger Sektarist 0 seine Verse mit einer Stimmgewalt hernieder predigte, dass man beinah schon den Schwefel riechen konnte. Ein sehr gelungener Abschluss des Tages auf der Zeltbühne und der Beweis, dass man nicht unbedingt ein Shirt der eigenen Band an haben muss, um beim Publikum hängen zu bleiben.
[Forest]

“Ich glaub, die machen einen auf King Diamond” - so klingen fundierte Gespräche unter Musikredakteuren und mehr können wir zu Attic auch nicht sagen. Attic-Fans mögen mir widersprechen, aber nachdem ich mich fotografisch an der durchaus interessanten Bühnengestaltung abgearbeitet hatte, zog es mich wieder zu Dysangelium ins Zelt. Definitiv die positive Überraschung des Wochenendes.



Dark Funeral


“Satan is my Satans Satan” - So hab ich Dark Funeral in Erinnerung und im Prinzip hat sich daran auch nicht viel geändert. Trotz tropischer Temperaturen verzichteten die Schweden natürlich nicht auf ihre typische Bepanzerung und ballerten sich gewohnt sauber durch ihr Set. Der Sound war nicht gerade eine Offenbarung, dennoch hinterließen die Schweden diesmal für mich keinen so zwiespältigen Eindruck wie sonst. Vielleicht war mein Hirn aber auch langsam weich geworden. Dementsprechend einfach hatten es auch Entombed mit mir und dem Publikum. Ein herrlich sägender Sound, Klassiker wie "Revel in Flesh", "Left Hand Path" und "Wolverine Blues", was kann da schon schiefgehen?

Fazit

Das In Flammen bot auch zum 10-jährigen Jubiläum wieder ein buntes Kaleidoskop extremer Musik. Die Idee mit der zweiten Bühne war eine sichere Bank, nachdem Veranstalter Thomas in den Vorjahren mit Schiffsfahrten und Shuttlebussen gerne mal ungewöhnliche Konzepte ausprobierte. Das Konzept wurde gut angenommen und die "Underground"-Bands im Zelt durften sich durchgehend über hohes Publikumsinteresse freuen.

Insgesamt punktete das In Flammen wie jedes Jahr mit seiner sauberen Organisation, einem unschlagbar angenehmen Festivalgelände (vor allem bei 40 Grad im Schatten) und einer abwechslungsreichen Bandauswahl. Auf die nächsten 10 Jahre!