Die Black Metaller Shrike gibt es bereits seit 2006 und in den letzten Jahren waren diese auch äußerst aktiv. Neben zwei Alben zwischen 2013 ("Hinab in die vertraute Fremdheit") und 2014 ("Sieben"), gab es zahlreiche Gigs in und um Berlin sowie eine verstärkte Präsenz in Medien und Presse. Wir haben uns mal das Neulingswerk "Sieben" angehört und erkannten sofort dringenden Gesprächsbedarf. Glücklicherweise erklärten sich Uwe Winter (Gesang) und Fabian Grummt (Bass) dafür bereit, die mit uns über ihr literarisches Maskottchen, die Lust am Spielen und die Mystik der Zahl Sieben gesprochen haben. Viel Spaß!





[Uwe]: Guten Tag, hier ist der Uwe! Ich sollte hier bei Naumann anrufen.


Korrekt, das bin ich. Hallo erstmal, geht es dir gut?

[Uwe]: Ja, alles gut. Ich habe hier noch den Fabi an meiner Seite. Das ist unser Bassist.


Sehr gut, dann lass uns doch ganz unkompliziert anfangen. Erstmal herzlichen Glückwunsch zum neuen Album. Ist sehr gut geworden die Scheibe!

[Uwe]: Danke, Danke!


Das hat ja gar nicht lange gedauert seit der letzten Platte "Hinab in die vertraute Fremdheit". War da noch Restbestand übrig?

[Uwe]: Ja, also wir hatten auf jeden Fall in der Zeit in der die andere Platte ("Meine Wucherungen" (2006), Red.) so lange gebraucht hat, eine Menge geschrieben. Sodass wir dann gleich nachrücken konnten. Wir hatten da schon noch eine Menge in petto, sage ich mal.


Ihr arbeitet ja schon seit eurem Bestehen ohne Label. Wie läuft das bei euch eigentlich mit den Aufnahmen? Sucht ihr euch ein Studio oder nehmt ihr alleine auf?

[Uwe]: Nein, bis jetzt haben wir immer alles im Proberaum selbst aufgenommen. Wir haben da auch einige Leute, die sich intensiv mit dem Zeug auseinandersetzen. Wir sind da irgendwie in so einem Prozess des Selber-Lernens. Bis zur dritten Scheibe haben wir dementsprechend alles selber aufgenommen und selber gemacht. Vom Aufnehmen bis zum Mixen, bis zum Mastern. Auch das Layout und die Produktion machen wir selbst.


Nicht schlecht. Das Album hat auch inklusive seiner schwarzmetallischen Rauheit, einen ganz eigenen Charme und ist gut abgemischt.

[Uwe]:Danke, Danke!

[Fabi]: Dankeschön!


Du sagtest, dass ihr auch das Layout selbst macht. Wer ist denn dafür zuständig bei euch?

[Uwe]: Du musst auch mal was sagen, Fabi...[lacht].

[Fabi]: Das macht Moe (Michael Konrad, Red.), unser Schlagzeuger. Der macht noch sehr viel nebenbei zuhause. Er beschäftigt sich mit Kunst und macht selbst welche. Er schreibt auch unsere Texte ganz verstärkt. Also ein sehr kreativer Kopf der Band.




Das Album heißt ja nun "Sieben", was viel Raum zur Spekulation bietet. Warum "Sieben"?

[Fabi]: Naja, die Sieben findet man eben im Alltag ständig. Ob es nun die Sieben-Tage-Woche ist, oder wenn ich Musik mache. Da arbeite ich auch mit sieben Noten. Oder wenn ich mich mit der Farbenlehre beschäftige, da treffe ich auch auf die Sieben. Außerdem sind wir sieben Jahre zusammen und wollten nun der Sieben, dieser Zahl, auch ein bisschen Geltung zukommen lassen.


Also einfach dieser Zahlensymbolik ein bisschen Tribut zollen?

[Fabi]: Ja. Ich kann dazu auch noch mehr sagen. Denn wenn man da ein bisschen forscht und sich dazu ein bisschen erkundigt, entdeckt man viele interessante Aspekte zur Sieben. Einige verstehen sie als eine Kraft, die Schwingungen erzeugt. Wie beim Sprechen. Sie wird auch als Symbol für die Willenskraft verstanden. Denn die Sprache umzäunt unsere Gedanken und bewusst eingesetzt, erzeugt diese eine Schwingung, die wahrnehmbar ist. Dies alles symbolisiert die Sieben für uns und wir haben damit auch einen Abschluss der bisherigen gemeinsamen Zeit gefunden.

[Uwe]: Aber diese Schwingungen findet man nicht nur in der Sprache, sondern auch bei einem Ton.

[Fabi]: Ja, natürlich auch in jedem Ton. Also die Sieben, bewusst eingesetzt, ist eine enorme Schwingung, eine Kraft oder Macht. Und ich glaube eben, dass die Zeit, die wir jetzt zusammen arbeiten, auch eine Art Weg ist. Wir sind daran gewachsen, alle in der Band. Da wo wir jetzt sind, wären wir nicht, wenn wir diesen Weg nicht konsequent gegangen wären. Wir sind oft gestürzt, aber eben auch immer wieder aufgestanden, um es besser zu machen und weiterzukommen.


Habt ihr diese Theorie auch in euren Texten verarbeitet? Denn die Songtitel lassen das ja nicht gerade erahnen.

[Uwe]: Die ist in allen Texten in irgendeiner Form verarbeitet. Die Sieben ist quasi der Überbau dafür.

[Fabi]: Aber man sollte dann auch nicht zu viel in die Sieben hineininterpretieren, ja? Ich denke, dass die Sieben da einfach ein Symbol ist für Weg und Wachstum. Da kann am Ende auch jeder seinen eigenen Faden draus spinnen.

[Uwe]: Die Möglichkeit besteht auch.


Ihr sagt ja selbst, dass ihr euch eher von prototypischen Black Metal-Klischees fernhalten wollt. Ihr tragt kein Corpse Paint, singt nicht über Satanismus..."

[Uwe]: Ja, das ist eben unser Image.

[Fabi]: Es ist einfach so, dass es bei Shrike mehr um den Inhalt geht, mehr um die Musik und wir es nicht darauf anlegen, uns in irgendeiner Weise zu profilieren oder dazustellen.

[Uwe]: Ja, genau. Uns geht es da mehr um den Inhalt. Wir definieren uns mehr über die Musik und versuchen halt eher das Künstlerische aus der Musik zu fassen als das Extreme oder das Ideologische. Natürlich ist der Inhalt dabei schon entscheidend, aber eben nicht aus einer extremen Sicht, sondern eher unsere Darstellung des Lebens und des Seins. Wir müssen da nicht unbedingt das Black Metal-Image nach Außen durchziehen.


Es geht euch also eher darum die Ausdrucksform des Black Metal zu nutzen für verschiedene Inhalte?

[Uwe]: Genau.

[Fabi]: Wir wollen damit aber nicht allen anderen Black Metal-Bands diese Sachen absprechen!

[Uwe]: Gottes Willen, nee, nee. Wir haben da genug Favorites und Vorbilder, die dürfen sich ruhig anmalen und das ist alles gut so, wie es ist. Nicht, dass das jemand in den falschen Hals bekommt. Das sind nur wir... [lacht].


Es kann ja prinzipiell jeder aufziehen, wie er will...

[Uwe]: Ja, eben!


Es ist nur interessant, da es ja die Ansichten gibt, dass Black Metal nur im Kontext mit Satanismus funktioniert, da es sonst kein Black Metal ist.

[Uwe]: Das ist auch in Ordnung und so soll es auch weiter sein...[lacht]. Find ich gut!


Ihr habt einen Song auf der Platte der heißt "Shrike". Was war die Motivation dazu? Wolltet ihr euch ein musikalisches Denkmal setzen oder worum geht es da?

[Uwe]: Oh. Ja, ja. Also ein Lied, haben wir gesagt, muss auch mal von der Figur handeln, die wir da als Namensgeber haben. Das hat sich einfach gegeben und wir dachten, man muss dem Shrike auch mal huldigen in irgendeiner Form.


Du sagst, ihr wolltet der Figur huldigen. Hat Shrike eine feste Bedeutung oder wie seid ihr auf den Namen gekommen?

[Fabi]: Shrike ist eine Romanfigur aus den "Hyperion"-Gesängen von Dan Simmons und wir vier haben diesen Roman gelesen und fühlten uns davon inspiriert.

[Uwe]: Wir haben eben nicht auf die drei Standardwerke zurückgegriffen - Die Edda, Die Bibel und Herr der Ringe - Wenn man die drei Inhaltsverzeichnisse auseinandernimmt, hat man ja fast alle Metalbands der Welt. Da haben wir uns gesagt, nee, wir nehmen uns da lieber einen anderen Roman...[lacht].

[Fabi]: Das ist eine gute Erklärung...![lacht]. Es steht einfach als andere Thematik für uns. Wenn man sich mit den Texten auseinandersetzt, stellt man auch schnell fest, dass wir nicht die üblichen Themen haben, oder diese Themen zumindest anders bearbeiten und anders damit umgehen. Vielleicht nicht so klischeehaft wie andere Bands.





Wenn Shrike einen Song bauen, wie läuft das ab? Gibt es erst Texte oder wird erst ein Riff gebastelt?

[Uwe]: Nee, das läuft fast immer genauso ab, dass der Jul (Julius Howorka, Red.), unser Gitarrist, fast die ganzen Riffs eigentlich alleine schreibt und auch die ganze Musik alleine macht. Dann kommt der Moe dazu, der Schlagzeuger, der setzt seine Ideen darüber und dann ist der Song fast schon fertig. Der Text kommt dann auch meistens vom Schlagzeuger und dann fehlt nur noch der Fabi mit Bass und ich bügel noch meinen Gesang drüber. Das kreative Schaffen übernehmen da schon Moe und Jul in der Hinsicht.


Und du musst dich dann quasi mit den Texten auseinandersetzen und überlegen, wie du die umsetzt?

[Uwe]: Ja. Aber das macht auf jeden Fall viel Spaß und ist auch immer wieder eine neue Herausforderung. Ich darf schon auch selber Texte schreiben, aber die sind meistens scheiße im Gegensatz zu denen von Jul und Moe...[lacht]. Ich kann das eher nicht so und außerdem liebe ich die Texte von den Jungs. Wahnsinn, worauf die so kommen, das macht echt Spaß.


Dann habt ihr ja eine gelungene Arbeitsteilung. Was ist jetzt für das kommende Jahr geplant? Die Platte kommt am 11. April raus, gibt es schon Pläne für Touren oder Release-Konzerte?

[Uwe]: Wir machen direkt am Tag nach dem Release, dem 12.04.2014, eine Record-Release-Party hier in Berlin-Lichtenberg, im Rockhaus. Dazu haben wir noch aus Frankfurt-Oder Tranquilizer eingeladen und aus Norddeutschland Ctulu, auch eine sehr interessante Black Metal-Band. Das geht dann 19:00 Uhr los, im Rockhaus, das ist gleich am U-Bahnhof, Magdalenenstraße und kostet genau 7,00€ Eintritt...[lacht].


Perfekt!

Ja, ja...[lacht]! Das nächste Ding haben wir dann am 1. Mai. Da spielen wir als letzte Band auf dem Mariannenplatz, bei der großen Kirche da auf dem Kinderfest. Das finde ich auch sehr geil...[lacht].

[Fabi]: Also das erste Maifest in Berlin eben.

[Uwe]: Da sind wir auch nur rangekommen, weil ich jemanden kenne, der jemanden kennt, der jemanden kennt. Wie das immer so ist.


Ein bisschen Black Metal zum ersten Mai ist doch auch mal erfrischend.

[Uwe]: Ja, find ich auch.

[Fabi]: Auf jeden Fall interessant...[lacht]!


Und wie steht es derzeit um die Kreativität? Macht ihr nach dem Album erstmal eine Pause und tourt ein bisschen oder gibt es bereits Ambitionen zu weiteren Veröffentlichungen?

[Uwe]: Das ist voll im Gange. Also drei oder vier Lieder sind jetzt schon wieder fertig für das nächste Album. Nee, nee, nee, wir lassen uns da gar nicht aufhalten. Wir hatten da nun so lange Pause und jetzt sprudelt das gerade so richtig. Wir haben mehr Material, als wir gerade verarbeiten können.



Das klingt ja aussichtsreich für die nächsten Jahre.

[Uwe]: Auf jeden Fall. Da müssen wir nur mal schauen, dass wir das auch...

[Fabi]: Dass das einfach so schön weiterläuft, wie bisher. Gerade läuft es sehr gut und das Feeling in der Band ist der Hammer. Ich spiele seit zwanzig Jahren Musik und hatte noch nie so ein gutes Feeling in einer Band. Und darauf sollte man als Musiker echt achten!


Und wollt ihr das weiterhin ohne Label betreiben oder wie sind da eure Vorlieben?

[Uwe]: Naja, jetzt versuchen wir gerade über Metal-Promotions den Vertrieb ein bisschen besser hinzubekommen. Aber ja, eigentlich wollen wir so lange wie möglich versuchen, das alleine zu machen, ohne Label. Der Vertrieb ist ja auch eher das Problem und nicht die Produktion und die Herstellung. So haben wir das in letzter Zeit jedenfalls gesehen. Außerdem wollen wir auch, anstatt CDs zu verkaufen, lieber spielen, spielen, spielen. Live-Konzerte sind uns da definitiv wichtiger. Auch mal raus aus Berlin und auch raus aus Deutschland. Das sind auf jeden Fall die Ziele. Immer spielen, spielen, spielen.

[Fabi]: Und unser eigenes Ding machen!

[Uwe]: Den Moment erleben, ja...[lacht].

[Fabi]: Es geht darum, dass wir unsere Kunst eben auch selber machen. Wir haben Angst, dass ein Label zu viele Eingriffe vornehmen würde in unsere Musik und unsere Kunst.


So seid ihr momentan natürlich freier, was euer Schaffen betrifft. Mit einem Label gibt es immer Verträge und Abmachungen.

[Fabi]: Genau, dann gibts Regeln.

[Uwe]: Aber auch Konzerte. So kannst du alles mitnehmen. Von den ganz großen Gigs bis zu dem kleinen Kellerding, wo es heißt: "kommt doch morgen vorbei", klappt alles. Da kannst du einfach frei zusagen, wie du Lust und Laune hast und das ist natürlich auch eine schöne Freiheit.


Wie läuft das mit Metal-Promotions? Müsst ihr euch da für den Vertrieb einkaufen?

[Uwe]: Naja, wir haben da wieder Glück gehabt, dass wir auch wieder jemanden kennen, der jemanden kennt. Und das ist wirklich jemand, - toi, toi, toi -, eine von den ganz guten Seelen. Mit dem haben wir jetzt zusammen geschaut, wie wir im Internet gewisse Bezahlformate machen können, die auch was bringen. Wir versuchen einfach mit möglichst wenig, möglichst viel zu erreichen. Also auch im finanziellen Sinne.


Dann wünsche ich viel Erfolg dabei, Jungs! Von meiner Seite war es das, vielen Dank!

[Uwe]: Wir würden noch gerne Werbung für unsere Seite machen, shrikeberlin.com. Dann natürlich Danke für das Interesse und was ich noch zum Schluss sagen muss. Wir machen Musik, weil wir uns als Freunde gefunden haben und nicht, weil wir gecastet sind...[lacht].


Ihr kamt mir eigentlich sehr gecastet vor!

[Uwe]: Haha, ja.

[Fabi]: Definitiv!


Also vielen Dank für das Gespräch und bis bald!

[Uwe]: Gern, vielen Dank!

Fotos: © Moma-Mi Photographie