Nachdem im vergangenen Jahre mit „Doomsday Derelicts“ ein lediglich 18-minütiges Intermezzo der Herren Nachtmystium erschien, welches ganz klar ihre Multi-Genre-Fähigkeiten in den Fokus rückte, wurde das Klangmaterial diesmal um ganze 30 Minuten aufgestockt, woraus letztlich der zweite Teil der „Black Meddle“-Saga entstand. Dieser hört nun auf den Namen „Addicts: Black Meddle Pt. II“ und wartet mit zehn klanglichen Köstlichkeiten auf, welche Nachtmystiums Nischen-Stellung abermals untermauern.

Mit dieser Platte wurde eine faszinierende Symbiose aus Industrial und Black Metal geschaffen, welche den möglichen Horizont metallischer Musik um ein weiteres Mal auslotet. Wenngleich Herr Tägtgren sich mit Pain, die hier durchaus herauszuhören sind, schon seit geraumer Zeit in den Gefilden des Industrial Metals umhertreibt, schaffen die Jungens aus Illinois den Schritt, Grenzen verschwinden zu lassen. Die vielschichtigen Arrangements, welche voller Emotionen und Kraft stecken, weisen trotz ihrer dezent spürbaren Black Metal-Anleihen nicht das Diktat auf, düster klingen zu müssen; schwarzmetallische Klischees sind hier fehl am Platz. „Addicts: Black Meddle Pt.II“ ist Atmosphäre und Gefühl, welche durch fließende Melodien übertragen werden, dabei inspirierend und verstörend zugleich sind und durch einen höchst doomigen Soundcheck lanciert werden.

Das hier abgedeckte Spektrum reicht von Doom-lastigen Mid-Tempo Parts, über aggressive und schnelle Momente, welche den Hörer in reißender Geschwindigkeit aufsaugen und in einen tiefen Pfuhl aus wilden und dennoch gradlinigen Riffs werfen. Kurz darauf wird man von sanfter Harmonie hinfortgetragen, welche durch sphärischen Gesang umschmeichelt wird, der zwar periphär noch an Black Metal erinnert, aber seine ganz eigene Note in sich trägt. Eine verführerische Kombination aus Aggressivität und zarter Depression, die einen trauernd in den Armen wiegt und mittels vielfarbiger Nuancen betört.

Nachtmystium haben einen mehr als würdigen Nachfolger zu „Assassins: Black Meddle Part I“ geschaffen, welcher mitreißend, verstörend und treibend seine Klagen in die Nacht trägt. Dabei geht man stets abwechslungsreich und verträumt vor, um einen Klang zu erzeugen, welcher abseits expliziter Genre-Begriffe seinen Platz findet. Die jeweils vorherrschende Ausdrucksabsicht regiert die musikalische Ausrichtung, sodass sich auch beinah als liebevoll zu bezeichnende Tonfolgen wie in „Ruined Life Continuum“, mit sentimental-energiegeladenen Riffs abwechseln, was den ganzen Körper beben lässt; eine fluktuierende Akkumulation aus Empfindungen.

Wer ein inspirierendes, innovatives und einfühlsames Album sucht, welches die Aspekte des Black Metals derart mit denen des Industrials verbindet, dass man sich beim Hören von jeglicher Genre-Idee distanziert, der sollte mit „Addicts: Black Meddle Pt.II“ befriedigt werden. Psychedelischer Metal mit großflächigen Einflüssen und starken Gefühlen. Mein persönlicher Anspieltipp: „ Blood Trance Fusion“. In diesem Sinne, erliegt eurer Sucht!

Nachtmystium · Addicts: Black Meddle Pt.II · 2010

Redaktion

verfasst von Winterfreud666
vom 16.05.2010

8 / 10

Playlist

01 - Cry For Help
02 - High On Hate
03 - Nightfall
04 - No Funeral
05 - Then Fires
06 - Addicts
07 - The End Is Eternal
08 - Blood Trance Fusion
09 - Ruined Life Continuum
10 - Every Last Drop