Wacht man schweißgebadet auf, weil man von meterhohen Affen träumt, die in der Badewanne Scrabble spielen, ist das genau die richtige Stimmung, um die neue Fake Idyll zu hören. Ein dicker Brocken ist das, was mit "Genome of Terror" da aus dem Hause unundeux kommt. Hatte man anno 2011 noch kein wirklich konstantes Line-Up und sowieso nur Flusen und Pappe im Kopf, zeigt man sich bei Fake Idyll nun in fester Formation und mit hehren Absichten. Zwanzig Titel, zwanzig Genres schien das Kredo für dieses Zweitlingswerk gewesen zu sein und da passt die Referenz auf Scrabble ziemlich gut. Doch geht "Genome of Terror" besser ins Ohr als man je von einer Fake Idyll-Platte erwartet hätte.

Groove, Death, Grind, Doom, Black, Country, Blues und Polka. Hier gibt es alles und das nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Kather (d[ebil]), Neumann (b[esoffen]) und Nowak (g[edoped]) scheinen sich in einer Art meditativem Ritus jeglicher Impulse bedient zu haben, die sie jemals in ihrer Musikerkarriere aufschnappen konnten, um diese hier in einem Tischfeuerwerk des metallischen Wahnsinns kulminieren zu lassen. Eine kleine Überraschung dabei ist, neben dem nicht existenten, aber keinesfalls fehlendem Gesang, dass "Genome of Terror" nicht auf Krampf ironisch und lustig ist, sondern wahnsinnig gute Riffs und eine vereinnahmende Atmosphäre aufweist. Nichtsdestotrotz spiegeln Songs wie "Prozac Country Blues", mit Gänsehautfinale, oder "DIY AI" nicht gerade den Klang gewordenen Ernst einer brennenden Ölfabrik wieder. Immer wieder findet man kleine Überraschungen, technische Spielereien, abgedrehte Chöre (Benninghof) und allerlei Effekte, die teilweise erst beim dritten, vierten Hördurchgang ihr ganzes Potential entfalten. Dennoch wirkt diese Platte nicht albern, sondern komplex und kreativ. Für etwaige Einspieler und Schmuddelgeräusche zeigte sich wieder elektrokill verantwortlich, sprich der Trommelheinz ganz selbstpersönlich. Dass dabei die ganzen 45 Minuten Spielzeit etwas aufs Gehirn schlagen ist klar, doch ist diese Platte gespickt mit kleinen musikalischen Zuckerstückchen, die es zu finden gilt. So kommt man um ein "Fleshmob", "Petridished", das Hypocrisyeske "Tweaking Tweets" oder das beinahe post-rockige "The Unbearable Lightness of Being Connected" gar nicht herum. Was das jeweils für Genres sind, darf sich jeder selbst aussuchen. Fakt ist, dass sie einen genialen Sound haben und viele großartige Momente bereithalten.

Irgendwie kaum zu fassen, dass aus einem stickigen Kellerloch in Krefeld die vielleicht besten Riffs 2014 kommen, ohne dass sich dafür jemand auf die Schulter klopfen und als großen neuen Hecht im Metalzirkus vermarkten würde. "Genome of Terror" ist wie ein Lexikon zeitgenössischer Riffs und Rhythmen, ein genreübergreifendes Nachhörwerk. Wenn es damit auch nicht das stringenteste Album ist, so ist es doch eins der kreativsten. In diesem Sinne, genug geschwafelt, jetzt muss ich mir langsam auch mal eine Hose anziehen.

Fake Idyll · Genome of Terror · 2014

Redaktion

verfasst von Winterfreud666
vom 12.02.2014

9 / 10

Playlist

01 - Dragged Into Work
02 - Crowd Saucing
03 - Genome Of Terror
04 - Fleshmob
05 - How To Deal With Revenge Porn
06 - Prozac Country Blues
07 - Drone Sweep
08 - Biting Bits And Bytes
09 - Losing Weight
10 - Carbonado Afficionado
11 - The Unbearable Lightness Of Being Connected
12 - Text Message Break-Up
13 - Petridished
14 - Conductor Of Accidents
15 - Bile Build-Up
16 - Coffin Break
17 - Tribal Tribulation
18 - Tweaking Tweets
19 - Phalanx Of Work-Death-Balance
20 - Diy Ai (Bonustrack)