Nachdem Nile mit "Ithyphallic" 2007 ein eher durchwachsenes Album ablieferten, konnten Behemoth mit "The Apostasy" das Jahr noch retten. Stilistische Weiterentwicklungen gab es zwar schon damals kaum. Die Produktion wirkte allerdings noch ausgereifter, jedes Riff und jeder kleinste Crash-Anschlag saßen genau am richtigen Platz. Alles war durchdacht und perfekt komponiert. Das - und natürlich der Gastauftritt Warrel Danes von Nevermore - waren die Dinge, die "The Apostasy" zum Dauerrotieren in meinem Player verhalfen. Dass Behemoth gute Songs schreiben können, war ohnehin klar.

Getreu dem Motto "nach der Veröffentlichung ist vor der Veröffentlichung" stellte sich die Frage, was nun kommen würde. Was würde "Evangelion" signifikant von seinen Vorgängern unterscheiden können? Der im Vorhinein via Myspace veröffentlichte Song "Ov Fire And The Void" gab bereits erste Hinweise. Stellvertretend für das Album haben die Polen also einen Midtempo-Kracher ausgewählt, der es in sich hat. Durchaus einer der besten Songs der letzten vier Alben, das kann man so sagen - geniale Riffs, orchestrale Untermalung und nicht zu überladen gestaltet. Dazu Nergals unvergleichlich gewaltige Stimmarbeit. Die große Frage war also nur noch, ob der Rest des Materials diesem erzeugten Erwartungsdruck gewachsen sein würde.

Die Antwort: teils ja, teils nein. Im Tempo doch eher schneller gestaltet, stellt "Evangelion" mit "Daimonos" und "Shehamforash" zwei großartige Nummern vor "Ov Fire And The Void". Klar bieten die nichts Neues, zeigen jedoch, dass Behemoth von ihrer Aggressivität nichts verloren haben und immer noch im Stande sind, eine mitreißende Atmosphäre zu kreieren, die stellenweise wirklich Gänsehaut erzeugt. Der Schluß von "Shehamforash" mit seinem Mitbrüll-Potential ist wirklich gelungen.

Doch bereits "Transmigrating Beyond Realms Ov Amenti" zeigt, dass die Death Metal-Götter um den polnischen Zeus Nergal im Olymp der extremen Zerstörung etwas Langeweile versprühen. Mit aller routinierten Brutalität wird auch hier wieder auf ein eingängiges Ende zugesteuert, doch zu wiederholend und von der Struktur her an "Shehamforash" erinnernd. Da wäre mehr drin gewesen.

"He Who Breeds Pestilence" soll mit seinem Wechsel zwischen extrem spartanisch eingesetzten Gitarren und durch Raben-Gekreische unterstützte Naturklänge wahrscheinlich Spannung erzeugen - leider ohne Glaubwürdigkeit. Auch die weiblichen Grusel-Vocals reißen den Song nicht raus.

Und so geht es im Großen und Ganzen weiter, bis "Lucifer" das Ende von "Evangelion" beschließt. Ein Song, der mit seinen polnischen Lyrics wiederum gute Ansätze bietet, aber musikalisch zu flach geraten ist. Man hat das Gefühl, ihn einmal zu hören reicht. Schade!

Unterm Strich kann ich mich der Meinung Furfighters nur anschließen. Behemoth bieten "Stagnation auf hohem Niveau", haben wenig bis keine neuen Ideen, mal abgesehen vom Artwork, und - was mich besonders traurig stimmt - langweilen sogar in der ein oder anderen Minute des ohnehin kurz geratenen Langspielers. Da bleibt nur die Hoffnung, dass Nile dieses Jahr das Ruder rumreißen und den Hammer liefern, den die Mannen um Nergal uns verweigert haben.

Behemoth · Evangelion · 2009

Redaktion

verfasst von ewonwrath
vom 07.08.2009

7 / 10

Playlist

01 - Daimonos
02 - Shemaforash
03 - Ov Fire and the Void
04 - Transmigrating Beyond Realms Ov Amenti
05 - He Who Breeds Pestilence
06 - The Seed Ov I
07 - Alas, Lord Is Upon Me
08 - Defiling Morality Ov Black God
09 - Lucifer