Mit einem lachenden und einem weinenden Auge ging man in das letzte Konzertwochenende der Saison hinein. Gut, dass man danach auch mal wieder Ruhe hat und schade, dass man nicht jeden Tag nur Konzerte besuchen kann. Das nunmehr achte Autumn From Hell sollte aber nicht in Nachdenklichkeit versinken, denn im Hohenstein-Ernstthaler Schützenhaus war alles auf Bier, Metal und gute Laune getrimmt. Ein perfides Vorhaben, das auf zwei Tage aufgeteilt, für jedes Ohr etwas bereit hielt.



Freitag:

Der Freitag kann im Grunde als das Vorglühen des Wochenendes gewertet werden und hielt mit drei Bands ein überschaubares, aber nicht minder interessantes Line-Up bereit. Eigentlich hätte man einen Mix aus Stoner, Rock und Metal gehabt, doch durch die Absage von Stonehead und der Ersatzgruppe Decibel verschob sich das Verhältnis zugunsten der Rock-Fans. Bis die jedoch loslegten, verging eine Weile. Sogar eine ziemliche, denn mit etwas mehr als einer Stunde Verzug starteten Decibel ihre Show. Macht weiter nichts, Bier war ja ausreichend da und wirklich was anderes hatte man zu dieser Zeit sowieso nicht vor.



Decibel selbst waren ein überraschender Anblick, denn wer bierbäuchige Rocker in ihren Vierzigern erwartet hat, wurde stark vor den Kopf gestoßen. Der Vierer bewegte sich in einer Altersspanne von 15 – 17 Jahren und hatte alte Klassiker und diverse Eigenkreationen im Gepäck. Dass dieses Paket nicht sofort zündete lag vermutlich auch daran, dass die ersten Songs wie „Born To Be Wild“ nicht so richtig Fahrt aufnahmen, was auch durch selbstgeschriebene Balladen nicht gerade besser wurde. Doch als wäre den Jungs urplötzlich eingefallen, dass sie auf einem Metalfestival spielen, besann man sich und schmetterte mit Metallicas „Seek and Destroy“ ein mehr als sauberes Cover hin. Ab da an ging es nur noch bergauf und Decibel bewiesen, dass sie ordentlich Feuer geben können, wenn sie nur wollen. Das nächste Mal bitte gleich von Anfang an!



Noch eine Überraschung gleich im Anschluss: Blacky And Company. Wer nicht häufig in Hard Rock-Gefilden unterwegs ist und seltener Cover-Bands verfolgt, wird das Trio aus Zwickau nicht kennen. Höchstens Ortsansässige könnten die Jungs mal beim Spazieren gesichtet haben. Dass das ein großer Fehler und eine musikalische Bildungslücke ist, bekam man schon beim Soundcheck zu spüren. Blacky, Ketchup und Otti müssen sich hinter Lemmy, Hetfield oder Young nicht verstecken, denn was die Herren an Energie und Spielfreude auf die Bühne bringen, kann man mit goldenen Schallplatten nicht ausdrücken. Ob nun AC/DC, Black Sabbath, Metallica oder Judas PriestBlacky and Company machen die Songs zu ihren Eigenen und damit Party für drei Bands gleichzeitig. Und als wäre das nicht Überraschung genug, bekommt man es auch durchweg mit Stimmen zu tun, die man auf den ersten Blick definitiv nicht erwarten würde. Von sauberstem Klargesang über eine authentische Rockröhre ist alles dabei. Selbst vor Six Feet Under scheut sich der Hard Rock-Großvater nicht und knallt einem die härtesten Growls vor den Latz. Eine musikalische Wundertüte, die man sich merken sollte.



Nach diesem Feuerwerk an Stimmung zu spielen ist sicher keine leichte Aufgabe, gerade wenn man nun die Stimmung wieder auf elitär und böse ziehen muss. Disaster KFW hatten den etwas undankbaren letzten Slot des Abends erwischt und leiteten mit ihrem grindigen Death Metal in den Samstag über. Die Weimarer Urgesteine ließen sich jedoch nicht lumpen und schossen mit voller Wucht druckvolle Salven ihrer beiden Alben „Death Ritual“ und „Collateral Damage“ in die Meute. Auf vereinzelte Headbanger musste man da nicht lange warten und der Stimmungsumschwung ging doch erstaunlich reibungslos von Statten. Dass danach eine ordentliche Sause folgte, ist glaub jedem klar. Dass noch ein Tag kommen sollte, schienen viele aber vergessen zu haben und feierten, als gäbe es nichts mehr zu verlieren.



Samstag:

Deutlich vollgepackter stand der Samstag ganz im Zeichen von Black Metal. 7 Kapellen, die das Schützenhaus bis auf die Grundmauern zerlegen sollten und mit dieser Aufgabe auch nicht lang fackelten.



Den Anfang machten dabei die Chemnitzer Chronik, welche im Jahr zuvor mit „Gewalten“ ihr Debüt vorlegten und sich in der hiesigen Szene schnell einen Namen machten. Der melodische Black Metal des Trios, der sich vorrangig im Mid-Tempo bewegt, entwickelt live nochmal deutlich mehr Druck als auf Platte und konnte schnell eine kleine Traube vor der Bühne etablieren. Neben Songs vom Debüt wie „Leere Zeiten“, „Aus der Ferne“ und „Verschlungen“ konnten auch einige neue Titel der anstehenden Platte gehört werden, die deutlich komplexere Strukturen aufwiesen. Man darf also gespannt sein, was hier noch kommen wird. Definitiv ein guter Start in den Abend.



Auch Altum Atramentum sind in der Region keine Unbekannten und spielten dieses Jahr bereits auf dem In Flammen OA. Jedoch ausnahmsweise mit weiblicher Stimmbegleitung. Das führte an diesem Abend kurz zu Irritationen, nicht im Gesicht, aber im Anblick, denn Sänger Enrico sah so gar nicht nach Frau aus. Dass es sich bei dem In Flammen-Gig nur um eine Ausnahme handelte, war schnell geklärt und auch diese (originäre) Konstellation konnte ordentlich Kraft auf die Bühne bringen. Die Tatsache, dass man zu diesem Zeitpunkt gerade gemeinsam mit Valkyria und Nominon, die selbst an diesem Abend noch spielen sollten, auf Tour war, begünstigste sicher das solide Zusammenspiel des Quintetts. Dabei gab es von älteren Mid-tempo-Stücken bis hin zu schnellen, aggressiven Songs alles zu hören und die Jungs konnten sich in puncto Sauberkeit nichts vorwerfen lassen. Lediglich am Sound hat es etwas gehapert, da bei allzu rasantem Geballer doch mehr Matsch aus den Boxen kam und so einige Elemente einfach wegschwammen. Nichtsdestotrotz konnten Altum Atramentum einen guten Eindruck hinterlassen.



Mit Dusken war dann der sächsische Black Metal-Hattrick schließlich voll und das eigentliche Solo-Projekt legte mit Live-Mitglieder von Krater und Nachtfalke einen soliden Auftritt hin. Mit minimalistischem Corpse-Paint und lethargischem Sänger, der die meiste Zeit rauchend an seinem Mikrofonständer hing, konnte man sich vollends auf die Mucke konzentrieren und die ging stets gut nach vorn, machte aber gleichzeitig auch nicht mit übermäßigen Überraschungen auf sich aufmerksam. Klassischer Black Metal mit reliablen Riffs und düster Stimmung. Kann man machen!



Mit Dysangelium ging es schließlich in deutlich okkultere Gefilde, die mit der aktuellen Platte „Thánatos Áskesis“ zelebriert wurden. Nach einigem Hype um die Kieler ging man mit gemischten Gefühlen in den Auftritt, wurde aber schnell und positiv überzeugt. Mit einem guten Schuss Watain wuchteten die in rotes Licht und Nebel gehüllten Jungs schwere, dissonante Riffs aufs Parkett, die durch einen halb gescreamten, halb gegrowlten Gesang zerrissen und ausgeweidet wurden. Dabei bekam man von hinten durchweg aggressives Drumming zu hören, welches die schweren Melodien kraftvoll nach vorn brachte. Nur der auf dem Album omnipräsente Hall fiel live etwas geringer aus, was den Sound merklich Richtung Death Metal verschob, aber immer noch eine ordentliche Wand bot. Definitiv ein Name, den man sich merken sollte.



Mit Nominon begann der schwedische Part des Abends und das gleich mit einem ordentlichen Statement. Ohne große Vorrede, geschweige denn Soundcheck, schossen die Death Metaller aus Jönköping los und ließen erst nach guten 40 Minuten wieder locker. In bester Entombed-Manier prügelten sich die Herren groovig durch ihr Set und boten mit ihren Old-School-Anleihen einen schönen Kontrastpunkt zu ihren schwarz-metallischen Vorläufern. Zu hören gab es unter anderem "The Cleansing", "Mausoleum" und "Mantra Reversed", welche der Vierer unprätentiös und selbstbewusst kredenzte. Bleischwere Riffs und wuchtiges Drumming, bei dem man gar nicht umhin kam, sein Hirngefäß im Takt wippen zu lassen. So eine Death-Brise tut doch wahre Wunder. Gern wieder!



Wie an einer Schnur aufgezogen, bestieg eine Band nach der anderen die Bühne und schneller als man Streptokokkenüberschuss rülpsen kann war auch schon der angepriesene Headliner Valkyrja am Start. Deutlich betrunkener als geplant ging man in die Schlacht und befand das Geschehen schon auf den ersten Metern als viel zu schnell. Die Stockholmer schienen es eilig zu haben und schossen ihre Songs deutlich beschleunigt durch den Saal. Zu Unsauberkeiten ließen sie sich dennoch nicht hinreißen und machten ihrem Namen alle Ehre. Nur verbrannte Erde wurde hinterlassen, nachdem man sich durch Songs wie „As Everything Ruptures“, „The Cremating Fire“ und „Eulogy“ prügelte. Klassiker wie „Lements of The Destroyed“ und "Ambient of Teh Dead" durften natürlich auch nicht fehlen. Sauber! So hatte man sich das vorgestellt. Nur eben in Originaltempo.



Fides Inversa waren mir bis dato kein Begriff und so wirklich gefunkt hatte es zwischen den Italienern und mir auf rein musikalischer Ebene an diesem Abend auch nicht. Trotz des kurzen Gastauftritts von Valkyrja-Fronter Andreas Lind, konnte das okkulte Schwarz-Metall einfach nicht so wirklich einschlagen. Trotzdem ging die Menge gut ab und die Kuttenträger würdigten dies mit brachialem Geschruppe irgendwo zwischen Ondskapt und Deathspell Omega. Sicher eine Band bei der es ratsam ist, die Songs zu kennen und vielleicht auch der Grund, aus dem man an diesem Abend nicht so wirklich Feuer fangen konnte.



Kaum zu glauben, aber mit den letzten Tönen der Italiener war der musikalische Teil des Autumn From Hell Geschichte. Ein Ende war aber indes keineswegs in Sicht, denn die feierwütige Meute ließ sich nicht so schnell aus der Halle werfen. Nicht nur musikalisch ein absolut gelungenes Wochenende. Organisation, Technik und Verpflegung haben gestimmt und wer wollte bekam zu seinem kalten Bier auch eine heiße Wurst oder Schnaps in rauen Mengen. An freundlichen Besuchern und netten Barleuten mangelte es ebenfalls nicht und man kann die Atmosphäre nur als familiär und freundschaftlich bezeichnen. Man kann sich nur wünschen, dass die Iron Eagle Crew dieses Festival noch lange fortführen wird, denn auch ein Line-Up unabhängiger Besuch lohnt hier immer. In diesem Sinne besten Dank an das Autumn From Hell-Team, das Iron Eagle und alle Bands. Es war ein Fest!