Anfang September fand zum nunmehr vierten Mal das Wolfszeit-Festival statt, diesmal wieder wie schon im vergangenen Jahr im Ferienland Crispendorf nahe Schleiz in Thüringen. Der Veranstalter wirbt mit dem schönsten Festivalgelände Deutschlands, und ganz abwegig ist das sicher nicht. Auf dem langen Waldweg durch das Tal, auf dem irgendwann selbst der Mobiltelefon-Empfang verschwindet, kommt man bei der Anfahrt jedenfalls in die richtige Stimmung, zwei Konzerttage lang heidnischen und Black Metal zu erleben.

Am Einlass mussten wir zum Glück nicht lange warten, nach uns bildete sich dann allerdings schon eine Schlange. Zwei Dinge fielen mir hier auf: einerseits waren die Festival-Mannschaft und die Sicherheitsfirma freundlicher und deutlich Metal-kompatibler, als das anderswo der Fall ist, andererseits wurden Taschen und Autos gründlicher kontrolliert als bei vergleichbar großen anderen Festivals. Als wir schließlich auf den Zeltplatz kamen, war schon nicht mehr allzu viel Platz frei, und so schlugen wir unser Zelt am Zaun des angrenzenden Fußballfeldes auf, nur ein paar Meter vom Auto entfernt.

Arroganz
Arroganz

Die erste Band des Freitags war ein würdiger Auftakt: Arroganz aus Cottbus absolvierten mit ihrem melodischen Black Metal vor noch wenigen Besuchern einen überzeugenden Auftritt. Es folgte ein weiterer Black-Metal-Auftritt von Valkyrja aus Schweden. Danach betraten XIV Dark Centuries die Bühne und brachten dem inzwischen zahlreicheren Publikum einmal mehr die Musik der Hermunduren dar, thüringischen heidnischen Metal, bei dem Klassiker wie der Teutonentanz nicht fehlten.

Heimdalls Wacht
Heimdalls Wacht

Einer der mir persönlich wichtigsten Auftritte des Wolfszeit-Festivals war der nun folgende von Heimdalls Wacht, der zugleich der vorerst letzte Auftritt der Band war. Leider gab es ein gerüttelt Maß technischer Probleme, doch das konnte dem Konzert keinen Abbruch tun, und die Menge wusste die Musik der Westfalen noch einmal richtig zu genießen.

Menhir
Menhir

Mit heidnischen Klängen ging es weiter: mit Menhir gaben sich als nächstes die thüringischen Veteranen des Genres die Ehre. Der Klang war perfekt, und insbesondere der Gesang kam sehr überzeugend herüber. Alte und neue Fans kamen auf ihre Kosten, Menhir spielten Stücke vom ersten bis zum neuesten Album, und schade war lediglich, dass zum Schluss die Entscheidung zwischen »Thuringia« und »Ziuwari« fallen musste - hätten sie doch einfach beide Klassiker gespielt.

Marduk
Marduk

Zum Abschluss des Abends gab es noch zweimal Black Metal aus dem Norden: Marduk aus Schweden und Ragnarok aus Norwegen boten einen heftigen Kontrast zum heidnischen Vorabendprogramm, und insbesondere Marduk erfreuten mich mit einem hohen Anteil an Titeln vom World-Funeral-Album.

Der nächste Morgen versprach einen herrlichen Sommertag. Für Verpflegung war natürlich reichlich gesorgt, zum Frühstück gab's Kaffee und frische Brötchen (der Mensch vor mir in der Schlange bekam sogar den ganzen Brötchenkorb ausgehändigt, weil er so »vertrauenswürdig« erschien), selbst Kuchen war vorhanden, und nur wer auf Brätel und Wurst aus war, musste warten, bis das Festivalgelände öffnen würde. Bevor das geschah, versank das gesamte Festival allerdings in einem heftigen Regenguss, der erst pünktlich zum ersten Auftritt des Tages aufhörte und dann auch nicht wiederkam.

Thormesis
Thormesis

Black Metal von Thormesis - an den Farben ihrer Kriegsbemalung deutlich als Franken zu erkennen - belohnte all jene, die sich trotz der frühen Stunde und des Wetters bereits vor die Bühne begeben hatten. Sie wurden abgelöst von Under That Spell, einer vergleichsweise neuen Band, deren Musik ich zwar hier und da noch anzuhören meine, dass einige Mitglieder von Helrunar herkommen, die aber ansonsten eher nach einer Thrash-Variante neuerer Satyricon-Scheiben klingt. Der dritte Auftritt, ebenfalls Black Metal, gehörte Minas Morgul aus Frankfurt an der Oder.

Negator
Negator

Wer schon immer wissen wollte, was Panzer-Metal eigentlich ist, konnte das anschließend von Negator erfahren; meine Deutung lautet »mitreißender, brachialer Black Metal«. Der Schwenk zum Heidentum folgte darauf in Gestalt von Varg, der Hausband des Wolfszeit-Festivals, bei der der Veranstalter selbst am Mikrofon steht. Pathos, Feuer, viel rote Farbe und Party-Stimmung bestimmten die nächste Stunde, und die zahlreichen Varg-Fans im Publikum wussten zu feiern.

Zwei weitere sehr spiel- und feierfreudige Auftritte folgten auf dem Fuße: Arkona aus Moskau und der Headliner, Korpiklaani aus Finnland, hielten die Menge in Bewegung, der einsetzenden Kälte zum Trotz, die sowohl den Musikern als auch dem Publikum sichtbar zusetzte.

Shining
Shining

Den Abschluss des Abends und damit des Festivals bestritten die Schweden von Shining. Sie boten in einer erfreulich langen Spielzeit Black Metal vom Feinsten, darunter viele neue Stücke, die nicht mehr ganz so depressiv wirken wie in ihren Anfangstagen, rockiger, aber immernoch betont melodisch. Zu den üblichen Nebenbeschäftigungen des Sängers, die mit Blut, Alkohol, Mageninhalt und einer Vorliebe für seinen Bassisten zu tun hatten, mag jeder seine eigene Meinung pflegen - für mich war diese Band der Höhepunkt des Tages.

Wir fuhren in der Nacht noch nach Hause, bei sternklarem Himmel und Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt, mit der Erinnerung an eine Reihe sehr lohnender Konzerte und dem Ausblick auf das Wolfszeit-Festival im nächsten Jahr, für das mit Eisregen und Imperium Dekadenz bereits die ersten Bands bestätigt wurden.