Kein Jahr auf Metal Impetus ohne ein anständiges Interview mit dem JaKa-Duracell-Häschen und unundeux-Mitbegründer Christof Kather. Zum Glück gab es auch was zu besprechen, denn 2016 erscheint mit “The Golden Anthropocene” das nunmehr siebente Album der Krefelder Grindpunk-Institution Japanische Kampfhörspiele. Aber nicht alles ist Friede, Freude, Eiersalat - 2016 bringt auch einige Änderungen mit sich! Welche das sind, lest ihr hier! Viel Spaß:



Hallo Christof, ewig nichts mehr von dir gehört. Was läuft denn so?

Bei JAKA? Wir haben ein neues Album zusammengeschmiert und einen neuen Frontmann eingestellt.


Was, ehrlich? Erzähl mal drüber! Ist das dieses Antroprotein-Ding? Ich kann den Namen nicht so gut lesen, weil english...

Da gibt es nicht viel drüber zu erzählen. Wir hatten halt mal in die Runde gefragt, ob jemand noch ein weiteres JAKA-Album braucht, und weil die üblichen Verdächtigen Ja! geschrien haben, haben wir eben noch eins gemacht.


Und ich dachte schon dein Kopf bzw. Notizbuch war wieder so voll von wütiger Trauer, dass dieser ganze Ballast nun endlich mal in Musik umgesetzt werde musste. Fiel es dir schwer, so auf Druck neue Stücke und Texte zu erfinden, nur um den fordernden Markt zu bedienen?

Nein. Denn tatsächlich lief mein Notizbuch schon wieder über. Ich hätte die ganze Wut aber ja auch über Projekte wie [band[Titi Niti ablassen können. Wobei, Wut? Wieso Wut?


Beispielsweise Wut über das dummköpfige Weltgeschehen, den tendenziellen Rechtsruck der Weltbevölkerung und das Kölln Müsli, das einfach nicht mehr so schmeckt, wie damals. "The Golden Anthropocene" wirkt auch ernster als frühere Alben. Würdest du sagen, dass JaKa heute politischer sind als früher?

Politischer, was die Auswahl der Themen angeht. Gleichzeitig aber auch vernünftiger in der Hinsicht, dass man ja tatsächlich nichts wird ändern können ... wobei die JAKA so anmaßend, für möglich zu halten, dass sie die Welt ändern könnten, ja sowieso niemals waren. Dinge ändern sich eben nur durch äußeren Zwang. Wenn die Umwelt gerettet wird, dann nicht, weil die westliche Welt ihren Energieverbrauch freiwillig runterschraubt, sondern, weil ihre Bewohner dies tun, weil sie zunehmend Angst haben vor Flugreisen, größeren Events oder davor, dass irgendwann einmal ein Atommeiler als Waffe gegen sie eingesetzt wird. Zur Zeit glauben aber noch zu viele, dass uns die Unterdrückten und Zu-kurz-Gekommenen aus angeborener Bosheit angreifen.


Ist es manchmal frustrierend für euch, seit nunmehr fast drei Dekaden und sieben Alben gegen das Elend der Gesellschaft und die Gestörtheit der Welt anzusingen und dennoch wird eigentlich alles nur noch schlimmer? Ist Bony etwa deswegen ausgestiegen? Aus purer Verzweiflung?

Nein und nein. Wie schon so oft gesagt, sind in JAKA-Texten immer nur Zustände beschrieben worden, niemals gab es ein "ihr sollt", "ihr müsst" oder einen Zeigefinger. Na gut, "Töte den Roboter" ist ein Stück mit klarer Handlungsanweisung. "Verbrennt euer Geld" auch, und "Glaubt dem Mainstream nicht ein Wort". Trotzdem, ein Stück à la "Macht kaputt, was euch kaputt macht", gibt es bei JAKA nicht.
Bony ist ausgestiegen, weil er schlicht und einfach keine Zeit mehr hat für JAKA. In gewisser Weise ist er auch noch Teil der Band. Er ist weiterhin als Booker tätig. Wir sind also alles andere als im Streit auseinander gegangen.


Ist jetzt der neue Kampfhahn im Hörspielekorb!

Kurzum: Du hast ihn vergrault, um deinen neuen Freund Christian Markwald (Ex-Phobiatic, Diaroe) an Bord zu holen, damit dieser mit Martin tauscht und von nun an Martin der neue Bony ist. Wie hat sich dieses Bäumchen-Wechsel-Dich ergeben und wäre es nicht einfacher gewesen, hätte Martin seinen Posten und seine Parts behalten und Christian hätte alle Bony-Passagen lernen müssen?

Bist du ein Verschwörungstheoretiker? Es war natürlich nichts geplant! Wir JAKA, also auch ich, haben nur reagiert. Dass wir Christian gefragt haben, ob er bei JAKA einsteigen wolle, war nur naheliegend, weil er ja schon auf dem neuen Album und auch auf dem Cover-Album "Deutschland von vorne 2" Gastvocals beigesteuert hatte. Hast du seine Stimme mal gehört? Der Mann muss natürlich grunzen!



Der Neue Kampfhörspieler. Ganz ohne lange, rote Haare!

Ehrlich gesagt, hatte ich gerade vor, mir was von Diaroe anzuhören, bin dann aber auf ein anderes Video gestoßen von jemandem, der eine verlassene Bank untersucht und bin dort hängengeblieben. Ich stehe einfach so auf Kapitalismus, dass dieser mich selbst in seiner verfallenden Form magisch anzieht.
Aber zu Bony zurück, die aktuelle Platte hat er ja noch mit eingesungen, oder? Hört man dich ebenfalls oder hast du dich "nur" auf das Drumming beschränkt?


Auf der neuen Platte singt Bony tatsächlich keine einzige Zeile, sondern an seiner Stelle der Typ von Titi Niti. Bony hat sich bei dieser Produktion auf das Gitarre-Spielen beschränkt, eben weil er zeitlich sehr kurz angebunden war. Riffs will er in Zukunft neben seiner Booking-Tätigkeit ebenfalls noch beisteuern. Genauso wie unsere Ex-Gitarristen Klaus [Nicodem] und René [Hauffe], von denen auch Riffs zu hören sind, sowohl auf der neuen Scheibe als auch auf "Welt ohne Werbung". Wir sind eben eine große Familie, in der jeder das macht, was er gut kann bzw. wozu er gerade Zeit hat.


Da ist es ja praktisch, dass die Familie nicht nur auf JaKa beschränkt ist, sondern sich auch auf unundeux ausweitet. Sonst wärt ihr ja sicher nicht so flink an einen potenten Sänger gekommen. Es stehen ja auch einige Shows in nächster Zeit an - wie laufen die Proben in der neuen Formation?

Wir haben noch gar nicht angefangen zu proben. Wir sind ja eher so buddhistisch angehaucht: bloß nicht verkrampfen und so. Die Shows haben sich, bis auf eine, erst nach dem Ausstieg von Bony ergeben. Wahrscheinlich, weil er jetzt mehr Zeit fürs Booking hat. Wie meinst du das mit unundeux? Diaroe reimt sich zwar auf unundeux, die Band hat über unundeux aber noch nichts veröffentlicht.


Ich habe mal 1 und 54 zusammengezählt und gemutmaßt, dass du Christian schon von Phobiatic kanntest, die m.E. bei unundeux schon mal was veröffentlicht hatten. Aber besser nicht zu viel denken, das macht nur dumm. Apropos dumm - wie ist euer Anspruch an eure Hörer? Wollt ihr, dass die Texte auch vernünftig rezipiert werden und man sich darüber Gedanken macht, was ihr zum Anthropozän zu sagen habt oder zählt am Ende des Tages mehr, dass die Leute vor der Bühne abhotten?

Beides natürlich.


Ich liebe ausführliche Antworten. Deswegen würde ich gern mal deine Meinung zu Frau Hinz wissen. Guter Move oder dreiste Abzocke von Steuergeldern? Müssen wir jetzt befürchten, dass du doch gar kein studierter Schlagzeuger bist und womöglich nach der Kindergrippe einfach auf eigene Faust agiert hast?

Äh, ja.


Apropos Schlagzeug, seid ihr eurem Songwriting-Prozess treu geblieben, so dass du erstmal Pattern eintrommelst und dann Riffs gefunden werden oder hat sich da im Anthropozän was geändert?

Wir haben dieses Mal fast alles ordentlich vorbereitet. Das heißt, ich habe nicht erst im Studio eingetrommelt, sondern schon vorher im eigenen Keller, so dass Robert [Nowak] Riffs schon im Vorfeld machen konnte. Einige Parts haben ich und Robert auch im Proberaum erjammt. Bony hat paar Riffs geschickt, die ich vergewaltigen durfte, und die er später im Studio dann so eingespielt hat, wie ich sie zurechtgeschnibbelt habe. Und dann gab es da eben noch liegengebliebene Riffs von Klaus und René, die zum Teil noch aus dem Jahre 2005 stammten und endlich einmal verwendet werden wollten. Als es dann ans Aufnehmen ging, war also so gut wie alles unter Dach und Fach. Ich glaube, zwei Stücke sind dann noch im Studio erst entstanden. Und bei einem schon vorbereiteten Stück haben wir am Ende den Anfangspart und auch die Vocals weg gelassen. Das Schwierigste war dieses Mal, eine gute Playlist zusammenzustellen.


Bony: Hatte keine Lust mehr, sich für alle zum Affen zu machen!

Wenn man Bonys Abschiedbrief studiert, kommt man nicht drum herum
anzunehmen, dass sein neues Projekt irgendwie mit dem Titel "Komm, hau
ab, du Sau!" zusammenhängt. Kannst du uns schon irgendwas darüber sagen
oder ist das so Top Secret, dass du mir die Augen ausbrennen müsstest,
nachdem ich deine Antwort gelesen habe?


Ich habe doch keine Ahnung, was Bony so plant im Geheimen. Was man mit Sicherheit sagen kann ist, dass sein Soloprojekt keinen islamistischen Hintergrund hat. Also, sag ich mal.


Du bist ja, soweit ich weiß, großer Pokemon Go-Fan. Wie kommt es, dass von JaKa noch kein Song über diese wunderbare neue Praxis der Umwelterkundung entstanden ist? Hast du schon mal darüber nachgedacht, ein ähnliches Konzept für euch zu etablieren? JaKa-Go - die App mit der man an neuralgischen Stellen Textfragmente von dir finden kann und mit einem Song belohnt wird, wenn man alle Teile der Lyrics beisammen hat. Natürlich mit In-App-Käufen!

Was sowas angeht, waren wir ja absolute Vorreiter, wie das Computerspiel auf der CD "Die Großstadt stinkt, ist laut und septisch" aus dem Jahre 2001 beweist. Es ist natürlich noch vergleichsweise primitiv. Das liegt aber an der damals noch in den Kinderschuhen steckenden Technik. Man muss sich ja klar machen, dass man kurz zuvor noch mit Taschenrechnern ins Weltall und angeblich auf den Mond geflogen ist. Pokemon Go spielen wir nicht mehr, seit Bony im Suff bei der Monsterjagd über seine eigene Freundin gestolpert und in einer Dönertasche gelandet ist, die glücklicherweise noch vor seinem Bett gelegen hat.


Euer Cover ist diesmal recht sexy geraten - bei dem Titel hätte man ja fast eher eine Atombombe oder einen kaputten Lada Niva als Cover erwartet. Ist das Foto an einem dieser Samstage in Eigenregie entstanden?

Seit dem Sündenfall, durch den ja das eigentliche Goldene Zeitalter beendet worden war, hatten die Menschen nur Stress mit der Natur. Nun endlich steht dank Müllstrudel, strahlenden Altlasten und immer ausgefeilterer Robotik der absolute Sieg über dieselbe bevor. Was liegt da näher, als permanent und überall hemmungslos zu wichsen, und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen? Unser Cover-Artist Hektar Fischrot findet es generell langweilig, das Erwartbare abzubilden. Und wir als lebensbejahende Deathmetaller finden Tod und Zerstörung doof. Deswegen ist das Cover so Genre-untypisch positiv ausgefallen.


Voll coole Textzeile aus dem Stück “Weiss”!

"Weiss" als Single rauszuhauen und als Gratisbeigabe auf SD-Karte in jeder dritten Kellogg's-Packung zu verstecken, damit sich Kleinkinder und Omas daran verschlucken, ist wiederum ziemlich erwartbar gewesen. Dazu kommt, dass das wohl einer der politisch akutesten Songs der neuen Platte ist. War klar, dass “Weiss” die Galionsfigur wird, welche prominent am Bug der Scheibe stehen soll?

Ja. So klar wie, dass "Tag 1 nach den Menschen" der Rausschmeißer werden würde. Okay, danach kommen noch ein Bonustrack und die 2016er-Version des JAKA-Klassikers "Aus dem Mark der Nebenniere". Das Original stammt übrigens aus dem Jahre 1998, ist also unglaubliche 18 Jahre alt und war das erste JAKA-Stück mit Text.


18 Jahre alt und sicher doch von "Fear and Loathing in Las Vegas" inspiriert! Apropos Fear and Loathing, ich erwarte eigentlich schon lange, das ich mal was mit Romano zusammen macht - wann passiert das und wie wird diese Kooperation aussehen?

Was soll dieser Film mit dem Stück zu tun haben? Kapier ich nicht. Und wo ist die Parallele zwischen Romano und JAKA? Wir sind weder eine Witzkapelle noch haben wir eine Schlager-Vergangenheit! Bony wollte, dass Audio88 einen Gastbeitrag für die neue Scheibe beisteuert, was ich auch ganz und gar nicht nachvollziehen konnte - zum Glück hatte Audio88 Wichtigeres zu tun. Als Gast haben wir auf "The Golden
Anthropocene" den Jungen von EA80. Aber EA80 kennt ja mal wieder keiner.


Ich sehe schon, dass das in Unmut und gegenseitige Feindlichkeit ausartet. Um weiteren Differenzen aus dem Weg zu gehen, bitte ich dich, dir doch selbst noch einige Fragen zu stellen, die dich interessieren würden. Was wolltest du schon immer von dir über dich wissen?

Woher komme ich, wo gehe ich hin, was soll das alles, gibt es
einen Sinn? So, ich muss jetzt weiter. Checkt das Album aus, Leute! Und dir, Tobias, danke für deine Zeit und alles Gute für die Zukunft. Tschau.

Ich habe zu danken, dir alles Gute und auf bald!