Vergangen Oktober erschien eine Platte, welche nicht ganz leicht aufzunehmen war. Die Rede ist von Ebonylakes "In Swathes of Brooding Light", welches atmosphärischen Avant-Garde Gothic Black Metal genannt, aber erst im eigenen Hörprozess wirklich verstanden werden kann. Für uns ein Grund, den Briten mal auf den Zahn zu fühlen und etwas zu bohren, wie es mit dem Selbstverständnis von Ebonylake aussieht und was jemanden zu solch ausladender Musik inspiriert! Gitarrist Mass und Sänger, Klampfer sowie Keyboarder Ophelius standen uns zur Verfügung und ließen sich offen auf unsere Fragerei ein. Wie ein esoterisches Brett zu einer längeren Pause führte und warum Interviews für Ebonylake neue Bands hervorbringen, lest ihr im Folgenden!



Herzlich willkommen, wie geht es euch? Am 28. Oktober 2011 erschien euer erstes Full-Length "In Swathes of Brooding Light" nach ganzen 12 Jahren Pause. Ich denke die erste wichtige Frage ist, wie es denn überhaupt zu einer derart langen Pause nach "On the Eve of the Grimly Inventive" kam.

1999 fiel die Band plötzlich zusammen, hauptsächlich aufgrund unserer Paranoia bezüglich unseres Ouija-Brettes (Anm. d. Red.: esoterisches Hexenbrett). Einige Mitglieder verloren sogar fast ihr Leben in außergewöhnlichen Unfällen. Wir waren uns sicher, dass wir die Band verflucht hatten und unsere Leben unberechenbar und gefährlich waren. Das Haus in dem wir gelebt hatten war von einem Poltergeist heimgesucht. Wir mussten etwas Platz zwischen uns schaffen.


Schon damals hattet ihr einen sehr eigenen Stil, der euch von anderen Black Metal Bands unterschied. Wie habt ihr diese Art des Spielens für euch entdeckt und was sprach für euch gegen einen klaren, geradlinigen Melodic Black Metal?

Diese Art des Songwritings kam plötzlich und natürlich. Es ist in unseren Seelen und nach ungefähr einer Dekade kam es ganz einfach und fließend heraus. Es scheint beinahe so, als würde die Musik durch uns kanalisiert werden und woanders herkommen, während wir unsere Séancen abhalten. Einfachen Melodic Black Metal zu spielen kam niemals in unseren Sinn. Wir gehören nicht zu dieser Gedankenwelt. Wir beschäftigen uns vielmehr mit der menschlichen Erkundung und den glorreichen Expeditionen in den menschlichen Geist, als mit Selbsthass und dem Streben die Menschheit zu vernichten. Wir denken an eine neue und rohe Romantik.


Eure Songs sind nicht einfach Jam-Sessions, an denen etwas gewerkelt wurde oder spontane Ideen mit wenig Konstruktionsarbeit. Eure Klangwelten sind voll von Arrangements und verschiedenen Einflüssen. Wie lange kann es bei Ebonylake dauern, bis aus einer Idee ein fertiger Song wird?

Das kann schon eine Weile dauern. Wir beginnen mit einer kleinen Idee und halten daran einfach fest, bis diese uns in makabere Klangwelten führt, in welchen wir unsere Gedanken und Gefühle bis an den Rand der Vernunft bringen, um diese Klangkollagen zu konstruieren. Einige Stellen bedürfen da schon viel Bastelei.


Ist es einfach für euch, die Songs nach ersten Proben wieder zu rekonstruieren?

Aufgrund der Natur unserer Musik und der Fülle an Instrumenten, die zu jeder möglichen Zeit spielen (manchmal bis zu sechzig), kann jede Session eines Songs drastische Unterschiede zu einer nächsten aufweisen. Auf diesem Album haben wir, im Vergleich zur ersten Platte, sehr viel während der Aufnahmen geschrieben. Wir hatten dafür eine grundlegende Basis, auf welcher wir dann die Songs aufgebaut haben.




Bleiben wir mal bei dem Punkt der Spielbarkeit. Wie hoch ist die Chance, euch eines Tages live zu sehen?

Die Möglichkeit Live zu spielen haben wir erst letzte Nacht mit Whiskey an einem offenen Feuer diskutiert. Es ist möglich, wir haben schon früher live gespielt. Die Logistik einer solchen Sache wäre jedoch riesig. Dennoch wäre es interessant, das Album live zu präsentieren, denn durch die Art, wie unsere Musik strukturiert ist, würde jeder kleine Fehler zum Kollaps führen. Alles würde wie ein Kartenhaus zusammenstürzen. Ein bisschen wie darstellende Kunst, unberechenbar.


Wie würde ein solchen Konzert aussehen?

Wie ein wirklicher Gothic-Horror! Gothic im wahren Sinn des Wortes. Halluzinogen und gefährlich! Wie ein noch surrealerer und gewaltätigerer 'Cirque Du Soleil' vielleicht.


Ihr spielt komplizierte Musik. Wie würdet ihr selbst euer Album beschreiben und was seht ihr persönlich darin?

Ich würde das Album als abstrakt surreale Gewalt beschreiben. Eine Wand aus entsetzlichem Chaos mit multiplen Linien, Stimmen und Strukturen, die alle in einem gleichen Moment geschehen, der die Hörer dahingehend testet, ob sie die Klänge zu einer adäquaten Vision im Geist zusammenführen können. Projiziert aus einer anderen Ära. Ein viktorianischer Mord, Schnee im Sonnenuntergang, Opium und Sexorgien, ein Geist auf den Treppenstufen. Wenn du weißt, was wir meinen...


Könnt ihr etwas über eure eigenen Einflüsse sagen?

Unsere Einflüsse sind sehr groß und weit. Meist Klassik, Oper, Filmmusik und zeitgenössisch klassische Felder. Was Literatur angeht, orientieren wir uns an Bram Stoker, Lord Byron, Percy Shelly und auch einigen alten Märchen. Andere Themen beschäftigen sich mit Studien des Bewusstseins und der Seele.


Es gibt einige britische Bands, die verschiedene Arten von Black Metal spielen. Viele von ihnen in ihrer ganz eigenen Weise. Ich denke da an Code, Imperial Vengeance, Anaal Nathrakh und eben Ebonylake. Was sind eurer Meinung nach prägnante Einflüsse für britischen Black Metal?

Wir Engländer haben eine Exzentrizität, welche jemanden aus einem anderen Land nur schwer zu erklären wäre. Unsere Kultur ist stark und leicht zur Kenntnis zu nehmen. Denkt an Lewis Carrolls "Alice im Wunderland" oder an die Brontë-Schwestern (Anm. d. Red.: Schriftstellerfamilie des 19. Jh.). Denkt an opiumsüchtige Aristokraten. Dieses Land hat eine lange und reiche Geschichte, die durch unser ganz eigenes Gewebe fließt. Ebonylake ist eine Reise durch das Hasenloch hinunter zur englischen Exzentrizität.


Wie sieht die Black Metal-Szene in Großbritannien aus?

Wir haben eine Regung auf den Inseln gespürt aus der einige gute Bands hervorgekommen sind. Aber wir sind uns nicht sicher, wo eine Band wie wir im Black Metal zu verorten wäre, da dies ja nur eine kleine Zutat im großen Kessel ist. Das Problem in England scheint zu sein, dass das Publikum die einheimischen Bands nicht wirklich großartig unterstützt und Bands aus anderen Ländern interessanter findet. Aber auch das ist ein Aspekt unserer Kultur.


Es gab eine große Welle von Post-Genres, welche immer noch anhält und auch einen großen Einfluss auf den Black Metal hatte. Post Black Metal war 2011 das große Attribut. Habt ihr selbst darüber nachgedacht, diese Richtung zu gehen?

Nein, niemals. Einen Stil zu wählen und zu probieren, anstatt die Gedanken einfach natürlich fließen zu lassen, würde es für uns erzwungen wirken lassen. Der Hauptgrund weshalb wir Musik schreiben, ist zu unserem eigenen Vergnügen und zur Befreiung. Wir kümmern uns nicht darum, was populär ist oder gerade aufsteigt. Wenn wir in unseren Gedanken nach neuen Horizonten und barrierefreien Potentialen suchen, haben nie typische Post Black Metal Klänge ihr Gesicht gezeigt, außer in einigen der völlig abstrakten Elemente vielleicht. Wenn wir eines Tages reinen Post Black Metal veröffentlichen wollten, würde das wohl eher in einem anderen Projekt geschehen. Ebonylake muss ein Kessel von endlosen Möglichkeiten bleiben, der rein und frei von Szeneeinflüssen bleibt.




Hört ihr persönlich derartige Musik? Was denkt ihr darüber?

Wir haben erst kürzlich einige Bands entdeckt. Meist durch Leute, die diese Namen vergleichend während Interviews aufgebracht haben. In diesem Bereich gibt es derzeit viele interessante Musik, was sehr gesund für alle Beteiligten ist.
Meistens sind das Bands wie Blut aus Nord, Pernesees Nocturne und andere, auf die wir nur durch Interviews aufmerksam geworden sind. Andernfalls wüssten wir sicher nicht über solche Gruppen Bescheid. Das hat unsere Augen für eine große Szene mit vielen Bands dieser Bewegung geöffnet.


Es ist nun beinahe fünf Monate her, seit der Veröffentlichung von "In Swathes of Brooding Light". Wie wirkten die Reaktionen auf euch?

Die Reaktionen waren einerseits hervorragend und überwältigend positiv, aber teilweise auch entsetzlich, was jedoch zu erwarten war, da Extreme Metal so lange sehr geliebt wird, bis er nicht zu extrem wird, denke ich. Aber dann ist wieder die Frage, ob man "In Swathes of Brooding Light" ein Metalalbum nennt. Es gibt viele Leute da draußen, welche nach dieser Art Musik suchen und das Album mögen. Diese verehren unsere Platte regelrecht und das ist großartig. Es ist doch besser, 100 Leute zu haben, die dieses Album lieben, als 1000 die es in Ordnung finden.


Gab es von eurer Seite her irgendwelche Erwartungen, was das Album betrifft?

Nein, wir haben keine Erwartungen an die Veröffentlichung gesetzt, da das ein neuer und unerschlossener Boden war. Wir haben nur gehofft, dass das Album denjenigen Spaß macht, die es für sich entdecken können.


Wie wird die Zukunft für euch aussehen? Gibt es bereits Pläne für ein weiteres Album oder kann man hoffen, Ebonylake auf Tour zu sehen?

Während wir hier gerade sprechen, wird ein neues Album geschrieben und es klingt großartig, doch diese Band hat stets danach gesucht, so viele inspirierende Momente wie möglich zu erleben und das wird noch einige unserer Zeit im Leben beanspruchen. Ein Bad in der Nordsee im Februar ist da immer anregend.


Vielen Dank für das Gespräch und alles gute für die Zukunft. Beste Grüße aus Deutschland. Die letzten Worte gebühren euch!

Danke für das Interview! Neath the moon, in the lake, on the hill, on the shore, writhing flesh deep and sore. Keep your ear to the ground, a new movement stirs!