Ufomammut sind aus der globalen Doom-Szene nicht mehr wegzudenken. Mit „Oro: Opus Primum“ erscheint jetzt ihr erstes Doppelalbum zur Hälfte, der zweite Teil dann im September. Grund genug sich mal mit den Italienern darüber zu unterhalten, warum man nicht einfach beides gleichzeitig veröffentlicht. Außerdem geht es um die Unfähigkeit Popsongs zu schreiben, runde Tische, die Rückkehr der Jedi Ritter und Aluminium-Hosen.



Zuallererst: Herzlichen Glückwunsch zu einem weiteren großartigen Eintrag in eure Diskografie. Nach „Eve“ habt ihr wieder ein Album geschrieben, dass mehr oder weniger ein langes Lied ist. Habt ihr verlernt, wie man einen Song beendet?

Urlo: ahaha, good one! Es stimmt, „Oro“ ist wieder ein langer Song, aber in 10 Sätze unterteilt, die wiederum irgendwie als einzelne Lieder gesehen werden können…

Poia: Ja wir werden älter und fangen an, Dinge zu vergessen. Wenn wir ein Riff finden, versuchen wir zu entkommen, finden aber keinen Ausgang und sind schließlich gefangen… Ich mache natürlich Witze. Tatsächlich sind wir immer noch jung und wunderschön, aber ich muss ehrlich sagen: Es ist deutlich schwerer, einen perfekten Popsong zu schreiben, als unsere Art von psychedelischem Metal.

Vita: Ja, und ich habe ehrlich gesagt schon Angst vor dem nächsten Album. Es könnte ein langer Song aufgeteilt auf drei CDs werden… hahahaha


Was war eure Herangehensweise für “Oro”? Für „Eve“ habt ihr ja einige ganz alte Riffs neu entdeckt. War „Oro“ auch eine alte Idee, die ihr nicht vergessen konntet?

Poia: Nein nein, „Oro“ ist eine ziemlich junge „Kreatur“. Nur ein paar Ideen wurden kurz vor „Eve“ erdacht und dann dem Hauptkonzept später hinzugefügt.

Urlo: Poia und ich haben ein paar Jahre in der Band Judy Corda gespielt. Ohne arrogant klingen zu wollen: wir waren ziemlich gut und haben eine Menge guter Riffs geschrieben. Es war noch die Zeit von Kassettendemos, deshalb haben wir nie eine richtige Aufnahme gemacht.
Als wir schließlich etwas Ernsthaftes machen wollten, lösten wir die Band auf und begannen mit Ufomammut bei null. Manchmal haben wir dann Teile oder Songs aus unserer Vergangenheit verwendet („Odio“, einer der Songs von „Snailking“ wurde von Judy Corda geschrieben, lange Zeit vor manchen Riffs für „Eve“).
„Oro“ ist selber gewachsen, die Herangehensweise war aber dennoch ziemlich anders. Wir hatten ein paar Riffs aus der Zeit vor „Eve“, die wir verwenden wollten, die Hauptriffs und das Leitmotiv von „Oro“, dass wir in unseren Heimsessions erarbeitet haben. Nur am Rand, ich würde gern mal das alte [band[Judy Corda-Zeug irgendwann aufnehmen.

Vita: Ich war ein Fan von Judy Corda, sie waren großartig, hatten aber ehrlich gesagt den falschen Drummer für diese Art von Musik. Aber das war gut für Ufomammut und mich, weil wir deswegen angefangen haben, zusammen zu spielen.
Ich glaube auch, dass Judy Corda als die Wurzeln von Ufomammut gesehen werden kann. Sowas wie der Embrio einer neuen Kreatur.



Wie entscheidet ihr, in welche Richtung ihr musikalisch reisen wollt und gibt es ein festes Muster, nachdem Ufomammut ihre Ideen entwickeln?

Urlo: Wir versuchen immer das zu tun, wonach wir uns fühlen. Keine Regeln.

Poia: Nun, auch wenn unser mentaler Prozess beim Komponieren wahrscheinlich immer derselbe ist (Wir nutzen schließlich immer dieselben Gehirne), glaube ich, dass wir jedesmal etwas anders machen. Wir haben uns schließlich auch vom einfachen „jamming together“ wegentwickelt.

Vita: Alle unsere Songs entstehen beim Proben, Wir improvisieren im Proberaum und wenn etwas Gutes dabei entsteht, versuchen wir dran zu arbeiten und es zu verbessern. Nichts wird geplant, bevor wir zusammen an unseren Instrumenten sind.


Es ist schwer zu beschreiben, aber im Vergleich mit „Eve“ fühlt sich „Oro“ nicht ganz so düster und nach einem schlechten Trip an, dafür psychedelischer und spaciger. Wie würdet ihr „Oro“ mit „Eve“ und den anderen Alben vergleichen?

Poia: Ich glaube, dass düsterste und drückendste unserer Alben ist „Idolum“. Ich betrachte die Atmosphäre auf „Eve“ als weiter offen, manchmal wie eine leere Aufnahme. „Oro“ ist, und da stimme ich dir zu, mehr „evil-psych“: es gibt dunklere Farben und mehr bewegliche Elemente.

Vita: Es ist schwer, „Eve“ und „Oro“ zu vergleichen, natürlich sind beides „Söhne“ von Ufomammut vom Stil und Konzept her. Aber das neue Album wirkt vielleicht offener durch die rockigen Anteile, die die anderen Alben nie hatten.

Urlo: Die Alben sind unterschiedlich. Du bist nicht der erste, der mir sagt, das „Oro“ weniger düster als „Eve“ ist. Das verwundert mich, denn für mich ist es genau andersrum. „Oro“ ist für mich sehr düster, was die Atmosphäre der Riffs und die Lyrics betrifft. Aber ich betrachte „Oro“ natürlich auch von der anderen Seite. „Oro“ ist ein weiterer Schritt. Keine Ahnung, wo es uns hinführt.


„Eve“ behandelte thematisch die erste Frau auf Erden, könnt ihr uns einen kleinen Einblick in das lyrische Konzept von „Oro“ geben?

Urlo: Als wir begannen über „Oro“ nachzudenken, waren wir gerade aus der „Eve“-Phase raus, die uns ins Blut gegangen war.
Wir mussten dieses Blut in etwas anderes verwandeln, weiter gehen, einen Weg finden, damit es zu Gold wird. Wir haben praktisch Alchemie betrieben und Stimmungen und Sounds geschmiedet, um unser Material auf die Welt zu bringen. Verschiedene Konzepte repräsentieren ein Album, dass sich hauptsächlich mit der Transformation dessen beschäftigt, was den Menschen umgibt, Natur zu Wissen und der Kampf, Angst in Stärke zu verwandeln.


Gibt es eine Art „Hauptriff“ auf „Oro“, z.B. das spacige Riff vom Anfang, dass im vorletzten Song „Magickon“ wieder aufgenommen wird?

Urlo: Um „Oro“ verstehen zu können, muss man es in seiner Gesamtheit hören. Bestimmte Teile kommen wieder und verändern sich. Man muss es komplett gehört haben, um die Gesamtidee zu verstehen. Dann wirst du sehen, wie alles miteinander verbunden und auf verschiedene Arten gespielt wird.

Poia: In beiden „Oro“-Teilen (Primum und Alter) gibt es Riffs die sich mehr als einmal wiederholen. Sie werden behandelt wie in einem Destillierkolben und tauchen immer wieder in anderer Gestalt auf.

Vita: “Oro” ist ein langer Song, also ein Konzeptalbum mit einer musikalischen Hauptidee. Man könnte also sagen: klassische Musik mit einer schweren und psychedelischen Atmosphäre…


Warum werden die beiden Teile nicht gleichzeitig veröffentlicht und was können wir von „Opus Alter“ erwarten?

Urlo: Wir haben die Veröffentlichung hauptsächlich getrennt, weil wir keine Doppelalben mögen. Schließlich gefiel uns auch die Idee dieser Trennung, es ist wie das, was Tarantino mit „Kill Bill“ gemacht hat… Haha
Wir freuen uns natürlich, wenn Leute sich darauf freuen, zu erfahren, wie „Oro“ weitergeht. Es ist alles dafür angerichtet.

Vita: Ein paar Monate bevor wir ins Studio gingen, fiel uns auf, dass das neue Album zu lang ist für eine einzelne Aufnahme. Also entschieden wir uns für die Teilung und betrachteten es für den Rest der Arbeit als „Doppel“-Album.



Die Bezeichnungen “Primum” und “Alter” ist nachvollziehbar, aber wofür steht „Oro”?

Urlo: „Oro“ heißt „gold“ in unser Sprache (Italienisch), aber es steht auch für „Ich bete“ auf Latein und es ist auch „Or“, geschrieben von zwei Seiten (Was soviel wie Licht auf Jüdisch bedeutet)


Ihr seid unterwegs mit „Ufomammut“, bastelt an eurem eigenen Label und seid Teil eines Künstler-Kollektivs. Habt ihr noch „normale“ Tagesjobs oder ist das nun auch eure tägliche Beschäftigung.

Urlo: Das ist unser sehr normales Leben und wir lieben es. Manchmal ist es natürlich sehr stressig, aber wenn ich meinen Kopf abends aufs Kissen lege, denke ich immer, wie glücklich ich bin.
Ich bin einer der drei „Malleus“ (Ein Poster Künstler Kollektiv, zusammen mit Poia und Lu – der Frau hinter den „Ufomammut“-Grafiken), wir haben ein Label (Supernatural Cat) und spielen zusammen mit unserem Freud Vita in einer Band, weshalb wir um die ganze Welt reisen können. Ich könnte nicht nach mehr fragen.

Poia: Wir haben keine Zeit für normale Jobs. Manchmal fühlen wir uns wie spielende Kinder, die machen können, was sie wollen. Und wie alle Kinder spielen wir sehr ernsthaft :-)

Vita: Bis vor einem ¾ Jahr war ich Juwelier, aber dank der großen Krise gerade gibt es derzeit weniger Arbeit. Ich arbeite zwar manchmal noch ein bisschen als Schmuckmacher, aber mittlerweile auch als Soundingenieur und Backliner.
Ich bin sehr froh mit Poia und Urlo bei Ufomammut spielen zu dürfen und Ciccio und Lu kennen zu dürfen, wir sind alle eine große glückliche Familie.


Was war der Auslöser für euch, ein eigenes Label zu gründen?

Urlo: Eine schlechte Erfahrung mit einem amerikanischen Label und dem Musikkartell insgesamt. Es war zu der Zeit, als wir „Snailking“ produziert haben, dass wir praktisch in die Tonne treten konnten. Also haben wir uns entschieden, es selber zu machen.

Poia: Danach wollten wir das Do-It-Yourself-Konzept auf jeden Aspekt unserer Musik ausbauen. Nach der Band dann das Künstlerkollektiv. Wir haben fast schon religiösen Respekt vor Musik und dieser Respekt ist die Basis für alles, was wir machen.

Wie fühlt es sich an, auf der anderen Seite des Tisches zu sitzen?

Urlo: Kommt drauf an, auf welcher Seite ich sitze…
Poia: Es gibt keinen Tisch. Oder noch besser, der Tisch ist rund, wie in der alten Geschichte :-) Wir wollten ein Label gründen, weil als Band wissen, was man von einem Label erwartet.


Es scheint, als gäbe es gerade zwei große Strömungen, die „Back To The Roots“-Sammler, die es vor allem auf limitierte Vinyl-Platten abgesehen haben und die „Digital Natives“, die hauptsäch auf Internetplattformen wie Bandcamp und Spotify unterwegs sind. Wo seht ihr euch selber in diesen Entwicklungen als Band und als Label?

Urlo: Ich bin ein Freund des Physischen. Wenn ich eine Vinyl in der Hand habe, ist das eine merkwürdige Emotion. Ich kann mich heute noch erinnern, wie es als Kind war, meine Platte von „Meddle“ (Pink Floyd) zum ersten mal in der Hand zu halten. Alles bleibt gleich, nur die Art ändert sich. Früher gab es mal Kassetten und wir waren es gewohnt unsere Lieblingssong vom Radio aufzunehmen und zu tauschen… es war nicht legal. Heute ist es das Gleiche, nur die Nachbarschaft ist größer geworden.
Als wir anfingen zu spielen, war es unglaublich unsere Songs auf eine leere CD aufzunehmen. Heute braucht man nichtmal mehr das…
Es sind die Zeichen der Zeit, nicht mehr. Auch wenn eine Vinyl immer eine Vinyl bleiben wird.

Vita: Wenn man Musik liebt und besonders, wenn man über 40 ist, stehen die Chancen gut, dass man ein Fan von Vinyl und CDs ist. Aber es natürlich kein Problem, die Musik aus dem Netz zu laden und dann das zu kaufen, was man mag.


Wir haben in der Redaktion eine kleine Wette laufen, was der große Metal Trend 2012 wird. Ich hab mein Geld drauf gesetzt, dass alles etwas mehr psychedelisch und spacig wird und mit euren beiden erscheinenden Alben stehen meine Chancen nicht schlecht :-) Wie habt ihr die große Retro-Welle der letzten Jahre und das wieder wachsende Interesse an Doom erlebt? Und was ist euer Metal-Trend des Jahres?

Urlo: ich bin für die Rückkehr der Jedi-Ritter. Sonst nichts.

Poia: Ich glaube, dass Aluminium dieses Jahr sehr angesagt ist. Ich muss mir unbedingt ein Paar Aluminium-Hosen kaufen. Und natürlich goldene Schuhe…

Vita: Keine Ahnung, hoffentlich ist der nächste Trend im Metal etwas originelles und kein Klon von etwas, dass vorher schon gemacht wurde.


Ufomammut werden dieses Jahr 13 Jahre alt, ihr habt fast 7 Alben veröffentlicht und spielt immer noch in der gleichen Besetzung, während andere Bands immer wieder Mitglieder tauschen. Was ist das Geheimnis für eine gesunde und kreative Band-Atmosphäre?

Urlo: Es ist wie bei der Mafia. Wir stehen unter einem heiligen Eid.

Poia: Unsere Inspiration sind U2, die drei vom Anfang sind immer noch dabei.

Vita: Wie schon gesagt, Ufomammut ist eine große Familie, wir haben dieses Projekt als Freunde gestartet, als Judy Corda noch „am Leben“ war. Wir kannten uns und unseren manchmal verschiedenen Musikgeschmack. Zum Anfang unserer „Karriere“ hatten wir manchmal Probleme mit Keyboardern, also blieben wir ein Trio. Die Chemie zwischen uns ist stark, aber merkwürdig. Wir sind keine „richtigen“ Musiker, aber Dank unserer Soundleute Ciccio für die Bühne, Lorenzer für die Studio-Sessions und Lu für die Visualisierung können wir Ufomammut spielen. Wir lieben uns, das ist das Geheimnis.


Viele, Dank, die letzten Worte gehören euch:

Urlo: Thanks for this interview and see You on the road!

Poia: ...and at our concerts too, if it happens:-)

Vita: Thanks to everybody believing in Ufomammut world.